Wandern macht glücklich. Die Natur und ich

Spätestens letztes Jahr, auf unserer kleinen Mittel-Südost-Europa-Rundreise, hatten wir es gemerkt: Die Städte waren spannende Orte, es machte Spaß, sie zu erkunden. Die Sonnenuntergänge von oben, von Festungen und Burgen, waren grandios, es gab spannende Museen, beeindruckende Architektur, Märkte voller Leben. Aber nichts, was wir dort taten, konnte uns so viel Zufriedenheit geben wie ein Tag in der Natur.

Städte haben immer eine besondere Rolle in meinem Leben gespielt, und ich könnte mir noch immer nicht vorstellen, auf dem Land zu leben. Stadtkind halt – mein Herz schrie eher nach Berlin als nach dem Bergsteigen, eher nach Sevilla als nach der Sierra Nevada. Ein Auslandsjahr verbinden viele mit der Möglichkeit, auch mal abzuschalten, freuen sich darauf, ein Jahr lang in einem Dorf ohne Strom und fließendes Wasser zu leben. Ich dagegen landete in einer Zehn-Millionen-Metropole und genoss die Zeit zwischen Smog und Schlangestehen. Meine Urlaube plante ich von Stadt zu Stadt, maximal mit Tagestouren ins Grüne, obwohl, hm, dafür müsste ich doch meine Wanderschuhe mitnehmen und die sind im Rucksack so schwer… Doch letztes Jahr merkte ich nach und nach, dass das alles irgendwie nicht mehr so richtig aufging. Amsterdam gefiel mir wirklich sehr, aber die mehreren Tage dort sind mir weniger in Erinnerung geblieben als der eine Nachmittag am Strand am Ende des Urlaubs, mit Picknick zwischen den Dünen und ganz ohne Auf-die-Uhr-sehen. Nach den Tagen in Slowenien im Sommer konnte Budapest nur noch verlieren, ganz plötzlich erschlug mich die Hektik, ich wollte nur noch zurück an den See, ins Grüne.

Vergangenes Wochenende sind mein Freund und ich spontan ins Elbsandsteingebirge gefahren. Wir haben irgendwo hinter der tschechischen Grenze an der Elbe geparkt und im Auto geschlafen. Die zwei Tage über waren wir unterwegs, sind über Felsen geklettert und haben über wunderbare Aussichten gestaunt. Ich habe mehr als einmal gedacht „Bis hierhin und nicht weiter!“, und habe dann doch die letzten Kräfte gesammelt und bin weitergelaufen. Abends haben wir uns auf dem Campingkocher ein Fertiggericht warm gemacht, morgens gab es auf dem Kocher geröstetes Brot mit Marmelade. Die meiste Zeit über hatte ich völlig die zeitliche Orientierung verloren, und es tat mir gut, nicht zu wissen, wie viel Uhr es war. Statt einer Dusche gab es einen kurzen, beherzten Sprung in die Elbe, statt Handyempfang ein gutes Buch – und uns beide. Letztendlich kam ich überglücklich und zufrieden wieder zu Hause an, erschöpft und müde, aber dennoch erholt, voller Eindrücke und Emotionen, aber trotzdem nicht überfordert.

Ich möchte schreiben, darüber, wie sich „Urlaub“ oder „reisen“ für mich immer mehr mit einem Aufenthalt in der Natur verbindet, wie gut es mir tut, zu Fuß im Grünen unterwegs zu sein, wie ruhig ich mich nach einer solchen Reise fühle. Aber irgendwie kommen mir größtenteils klischeehafte Formulierungen in den Sinn. Ich stehe Technik und Terminen nicht negativ gegenüber und denke mir trotzdem, wie schön es ist, mal für ein Wochenende nicht zu wissen, wie viel Uhr es gerade ist. Ich möchte auf die vielen Annehmlichkeiten, die ich im Leben habe, nicht verzichten, egal wie nichtssagend sie eigentlich sind, und sehe mich doch versucht, zu schreiben, dass der morgendliche Blick auf die nebelverhangenen Steilhänge über der Elbe den geringen Komfort mehr als wett gemacht hat. Den Begriff der „Entschleunigung“ kann ich langsam nicht mehr hören und muss trotzdem zugeben, dass ich das Gefühl des letzten Wochenendes nicht anders beschreiben kann als „ruhig“ oder „geerdet“.

Es ist fast ein bisschen merkwürdig: In einer fremden Stadt sehe ich so viel auf einmal, bekomme so viel Input, treffe so viele Menschen. Und doch bleibt mir weniger im Gedächtnis als von einem simplen Tag in der Natur. Vielleicht liegt es daran, dass die vielen neuen Eindrücke nicht anders können, als einen zu überfordern, zu überfluten? Vielleicht können wir Menschen so viele neue Dinge auf einmal nicht verarbeiten, und fühlen uns beruhigt, wenn wir vor den gleichen Bäumen stehen und den selben Himmel betrachten wie zu Hause? Vielleicht nehmen wir unsere Umgebung intensiver wahr, je weniger darin zu finden ist? Oder vielleicht liegt es daran, dass ein Aufenthalt in der Natur, dass das Wandern von Langsamkeit geprägt ist – und alles Gefühl von Zeit von einem abfällt?

Das Gefühl von Zeit und darüber, wie ich sie nutze, unterscheidet sich, je nachdem, ob ich in einer Stadt oder in der Natur bin. Wenn ich in einer fremden Stadt unterwegs bin, habe ich den ganzen Tag das Gefühl, die Zeit dort ausnutzen zu müssen. Ich bin von morgens bis abends unterwegs, und würde am liebsten nachts noch feiern gehen, wenn ich nicht schon so müde wäre. Das Gefühl, etwas zu verpassen, nicht genug zu sehen, der Drang, so viel wie möglich aufzusaugen, begleitet mich auf Reisen. Wenn ich einen ganzen Tag lang durch die Natur gewandert bin, schaffe ich es abends nicht mehr, mich groß zu bewegen, und das finde ich in diesem Moment gar nicht schlimm, im Gegenteil, ich bin stolz darauf, die Strecke geschafft zu haben. Es stört mich nicht, mich abends mit einem Buch hinzulegen, denn ich weiß, eigentlich gibt es gerade nichts anderes, das ich tun könnte – im Dunkeln durch die Landschaft zu stapfen, macht schließlich auch keinen Sinn. Ich liebe dieses Gefühl, nicht getrieben zu sein, ich habe das Gefühl, dass die Momente mir gehören.

Ich bin froh darüber, dass unsere nächste geplante Reise nach Wales geht, wo wir hauptsächlich in der Natur unterwegs sein werden. Ich weiß, ich werde mich immer darüber freuen, neue Städte erkunden zu können, aber wenn es möglich ist, werde ich in Richtung Berge entschwinden. Egal, wie sehr ich über Aufstiege jammere und mein bequemes Bett und eine warme Dusche vermisse, es wird es wert sein, denn wandern und in der Natur sein macht mich einfach glücklich.

Kannst du meine Gedanken nachvollziehen? Geht es dir vielleicht sogar ähnlich? Ich freu mich auf deine Meinung in den Kommentaren!

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24 Gedanken zu “Wandern macht glücklich. Die Natur und ich”

  1. Mit dem Wandern habe ich mich noch nicht so angefreundet. Schließe das heute aber auch nicht mehr aus, im Gegensatz zu früher.

    Am meisten geprägt hat mich was Natur angeht Neuseeland. Nach all den landschaftlichen Highlights bin ich in den letzten Tagen der Rundreise vor den Städten eher geflohen. Die waren zwar bestimmt super schön, aber ich sehnte mich nur noch nach Berg- und Seepanoramen, nach Luft und nach Weite.

    Von daher kann ich es gut verstehen, dass es dich in die Natur zieht 🙂

    Viele Grüße
    Tanja

    1. In meiner Zeit in Peru war das Wandern auch immer ein furchtbares Wort. Ich weiß nicht, wie oft ich damals gesagt habe: "Wenn ich wieder in Deutschland bin, steig ich nie wieder einen Berg hoch!" Und jetzt hats mich doch gepackt 😉

      Neuseeland ist bestimmt wirklich beeindruckend. In solchen Ländern haben die Städte dann einfach verloren!

  2. Ich gehe auch unheimlich gerne wandern bzw. bin einfach super gerne im Grünen. Für mich gibt es nichts schöneres als ein Tag draußen. Man entdeckt auch ganz andere, tolle & natürliche Dinge, wenn man einfach mal nicht auf den üblichen Wegen geht. Leider habe ich keinen Wald vor der Tür, sonst würde ich mich ständig darin verstecken. Fernab der ganzen Hektik und dem Trubel des Alltags. Liebe Grüße, Mandy – finding Flow –

    1. Bei uns ist zum Glück ein (kleiner) Wald direkt hinter der Haustür. Da muss man aber auch direkt einen steilen Berg hoch 😉 Deswegen bin ich da gar nicht soo oft…

  3. Mir geht es zumindest ähnlich. Als ich letztes Wochenende mit dem Fahrrad und Geschwister und meinem Freund an einen See gefahren bin, der 20km entfernt von hier liegt, wollte ich auch einfach nicht mehr da weg. Lange Spaziergänge machen mich glücklicher als ein Tag in einer Stadt. Aber generell reise ich ja sehr wenig, weswegen sich das nur auf meinen Alltag bezieht…
    Dein Text ist übrigens echt toll geschrieben!
    Liebe Grüße

    1. Oh, das klingt wirklich toll! 🙂 Hier in Jena habe ich noch keinen richtig schönen Badesee gefunden, aber wenn ich meine Eltern besuche, werde ich bestimmt auch mit dem Rad zum See fahren. Auch im Alltag finde ich einen Tag in der Natur einfach grandios, eine so schöne Unterbrechung!

  4. Kann ich auf jeden Fall! Ich bin so begeistert von der Natur. Es ist schön abends wieder einzukehren und im Pub oder sonst wo zu sitzen, aber am Tag muss ich auch raus können, raus aus der Stadt und die Stille genießen!

  5. Hab eine ähnliche Entwicklung durchgemacht. Früher fand ich es toll, von einem Hügel auf die Stadt runter zu sehen. Heute finde ich es spannender auf einem Berggipfel zu sitzen und nicht als Bergkämme und schroffe Felsen zu sehen. Jede Straße, jede Ansiedlung trübt dabei den Genuss irgendwie.

    Vorige Woche kamen wir nach zwei Tagen zu dritt vom Berg runter. Wir sahen außer uns nur eine Handvoll anderer Menschen, man blieb vielleicht kurz stehen und wechselte ein paar Worte. Am Ende des zweiten Tages kamen wir an einen gut besuchten See und der Trubel, die Menschenmassen…. Das überforderte uns einfach alle gleichermaßen und wir wollten nur schnell weg und wieder unsere Ruhe haben.

    Auf meinem Blog teile ich übrigens unsere Wandertouren 😉

    LG

    1. Ach, wie schön 🙂 Das hat man gar nicht so oft, dass man irgendwo unterwegs ist, wo sich kaum jemand anders hin verirrt. Ich geh gleich mal auf deinem Blog stöbern!

  6. Ich mag beides irgendwie. Bin sehr naturverbunden, fahre nur noch Fahrrad. Liebe Wandern, schwimmen, laufen, skifahren. WOhne in einer Großstadt, bin zur Hälfte an der Uni und in einem Großkonzern (chic mit Blazer). Aber seit ich klein bin, bin ich mindestens 5 Wochen im Sommer und 4 Wochen im Winter in den Bergen. Bergsteigen und lange Wandertouren an Seen entlang ist sooo toll! Skitage schaffe ich so 30 pro Saison.
    Aber ich liebe auch die Großstadt. Ich möchte nie auf's Land ziehen. Brauche keinen Garten, kein Haus, wenn ich mittendrin wohnen könnte.
    Aber wenn ich dann raus komme, atme ich die frische Luft wie eine Droge. Ich gehe im Sommer jeden Tag Rennrad fahren, 2mal pro Woche ins Freibad und verbringe möglichst viel Zeit außen. Herrlich!
    Ich will auch im Winter bei Schneefall lieber Radfahren als mich in Ubahn/Bus zu quetschen.

    LG
    Antonia

  7. Schöne Fotos, die mir sofort ein "Heimatgefühl " bescheren:)
    Ich finde mich in deinen Worten total wieder. Ich liebe dieses Gefühl mehrere Tage einfach in der Natur zu sein, besonders intensiv ist dieses Gefühl auf recht verlassenen Inseln. Ich empfinde diese Tage wie Dauermeditation. In ein paar Tagen geht es für mich auf die Lofoten zum Wandern und wir werden 2 Wochen in einer Campinghütte wohnen. Wenn das Wetter mitspielt, kann das eigentlich nur ein tolles Naturerlebnis werden.

    1. Danke! 🙂
      "Dauermeditation" trifft es wirklich gut. Wow, die Lofoten müssen großartig sein. Da gab es auch mal einen Gastartikel hier auf dem Blog zu, mit echt fantastischen Fotos. Ich wünsch dir ganz viel Spaß!

  8. Was für wunderschöne Fotos und eine tolle Aussage 🙂 ich als Dorf/Landkind, liebe schon seit meiner Kindheit die Natur und freue mich jedensmal wenn Stadtkinder auch auf den Geschmack kommen! Also go for it! 🙂 Früher fand ich wandern allerdings uncool und nur was für "'Rentner" aber seit meinem 3 tägigen Thailand-Dschungel-Trek bin ich auf den Geschmack gekommen und habe vor, zusammen mit meinem Freund nach Venedig zu wandern! Vorher muss ich aber im Schwarzwald trainieren, sonst sterbe ich wie in Thailand 😀 da half nicht mal eine Thai-Massage!

    Hab auch gerade meinen zweiten Roadtrip Reisebericht online gestellt, darin gehts auch um ganz viel Natur! Würde mich freuen wenn du vorbei schaust 🙂

    Liebe Grüße
    Jasmin von nimsajx.blogspot.de

    1. Danke! Wow, von hier bis Venedig? Das klingt echt fantastisch! Ich hab auf meiner "Dinge, die ich vor 30 tun muss" auch noch eine Gebirgsüberquerung stehen, vermutlich dann auch die Alpen 😉

      Ich schau direkt mal vorbei, danke für den Tipp!

  9. Ich finde mich sofort in deinen Beschreibungen wieder! Die Natur ist so ein besonderes Schauspiel und sie schafft es auch mich immer wieder zur Ruhe zu bringen. Egal ob Meer oder weite Felder, ich könnte stundenlang einfach nur dasitzen und die Natur auf mich wirken lassen. Zwar lebe ich zur Zeit in Berlin, aber mir ist es hier viel zu stressig – zu viele Menschen und Autos und jeder hat immer Zeitdruck, das mag ich gar nicht. Wandern war ich aber bisher noch nicht, ich glaub, dafür bin ich einfach zu faul. Aber der Ausblick ist schon bewundernswert schön! Hach, ich muss auch mal wieder raus. Danke für die tollen Inspirationen!

    Ganz liebe Grüße
    Anna

    1. Mit Berlin konnte ich mich bisher irgendwie auch nicht anfreunden… Es ist schön, wenigstens in einer Großstadt zu leben, die in relativer Nähe noch Natur bietet, in Berlin muss man zum nächsten großen Grün doch sehr lange fahren. Viel Spaß beim Wieder-Rauskommen! 🙂

  10. Ich könnte mir stundenlang die tollen Fotos anschauen… Ich bin selbst noch nie groß gewandert – aber ich könnte mir das sehr gut vorstellen. Mal schauen, ob es bei uns in der Gegend irgendeine schöne Wanderstrecke gibt, die auch von solch gnadenlosen Anfängern wie mir geschafft werden kann.

  11. Was für ein schöner Post!
    Ich kann deine Gedanken sowas von nachvollziehen, genau dieses Gefühl in Bezug zu Reisen hat sich bei mir in der letzten Zeit auch angebahnt.
    Für die letzte Reise nach Prag habe ich schon einen guten "Kompromiss" gefunden: Statt Hostel- Zeltplatz im Grünen. Statt rumlatschen- Fahrrad fahren inklusive Ausflug ins Grüne. Aber mich reizt es gerade auch sehr, einfach mal ins "Nichts" zu fahren. Der Input, von dem du sprichst, erschöpft mich auch langsam. In Prag haben wir nach dem ersten Tag schon festgestellt, dass wir keinen Bock auf Touri-Massen und Sehenswürdigkeiten-Abgeklappere haben und sind auf eigene Faust in Viertel gefahren, die "unattraktiv" sind, um uns in der fremden Stadt treiben zu lassen und der Reizüberflutung zu entgehen. Aber auf meiner To-Do Liste steht gerade ganz weit oben: Trampen und Wandern. Nach Süden. Mit Zelt und guten Schuhen, aber ohne Ziel, einfach der Nase nach und schauen, wie weit man kommt.
    Liebe Grüße

  12. Ich kann dir 100 nur 100%ig zustimmen! Ich war früher ein totaler Stadtmensch aber erst seit ich mich voll und ganz auf die Natur eingelassen habe, bin ich so richtig glücklich!!!

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