Australien ist ein Kontinent, der mich immer relativ wenig interessiert hat. Klar, es mag dort spannende Natur geben, aber so spannend, dass es einen Flug einmal quer um den Planeten rechtfertigt? Dazu noch die Dichte an Giftschlangen und Riesenspinnen – muss nicht sein. Dass Australien aber ein ganz eigener Zauber innewohnt, das zeigt mir und euch heute Annemarie von Travel on the Brain, die von ihrem absolutem Lieblingsort erzählt: Dem Uluru.
Annemarie ist tatsächlich mit ihrem englischsprachigen Blog bekannt geworden – und mit ihren wunderschönen Instagram-Bildern. Inzwischen bloggt sie auch auf deutsch und hat passend dazu ein deutsches Buch über ihre Abenteuer in Australien und Neuseeland verfasst, das sie euch unter dem Artikel auch vorstellt. Aber jetzt genug der Vorrede – lasst euch von Annemarie nach Australien mitnehmen!
Vor uns lagen 1.497 Kilometer. Das würde eine weitere lange Fahrt werden, aber was machte das jetzt noch für einen Unterschied? Ich war bereits seit fast einer Woche unterwegs, eingepfercht in einen kleinen Tourbus mit elf anderen Abenteurern. Und ich hätte es nicht anders haben wollen. Denn wir waren im roten Zentrum Australiens. Ich hatte große Erwartungen, doch wie das meist so ist, erfüllten diese sich nicht. Sie wurden tatsächlich weit überboten.
Es war einfach noch viel grandioser, als ich es mir jemals hätte ausmalen können.
Unsere Fahrt führte die Great Ocean Road entlang, an Adelaide vorbei und hinauf zu Coober Pedy. Wir sahen zerklüftete Küstenstreifen, dichte Eukalyptuswälder und Kängurus so weit das Auge reichte… Australien erschien mir wie ein richtiges Paradies. Als dann die goldenen Felder von roten Sandwüsten abgelöst wurden, wusste ich, dass wir bald da waren. Wir würden den Uluru sehen. Schon von Weitem und nach gar nicht allzu langer Fahrtzeit erspähten wir ein riesiges Steingebilde am Horizont. Könnte er das denn sein?
Er ähnelte aber viel mehr den Fotos, wie ich sie vom Tafelberg in Südafrika kannte als dem roten Steinriesen Australiens. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu. Aber der Tourbus war hin und weg. Freudiges Jubeln zog durch die Wellen wie eine La-Ola und wir mussten einen ungeplanten Zwischenstopp einlegen. Der Tourguide aber war merkwürdig still und ich nahm ihn zur Seite, da ich wissen wollte, ob ich richtig lag. Er grinste nur verschmitzt und wandte sich an die Tourgruppe, die ganz beschäftigt damit war, Fotos voneinander zu schießen.
„Liebe Leute, darf ich euch den Fooleroo präsentieren?“ Alle waren völlig aus dem Häuschen, doch dann fingen die ersten an, verdutzt zu schauen. Fooleroo, was war das denn? „Nun, was ihr hier seht, ist ganz und gar nicht der Uluru. Der ist noch einige Fahrstunden entfernt. Es ist Mount Conner. Aber da so viele Touristen aus Vorfreude auf den Uluru diesen Tafelberg mit der eigentlichen Attraktion verwechseln, nenne ich ihn gerne Fooleroo. Vom englischen Verb ‚to fool‘ inspiriert.“
Da kamen wir uns alle doch ein wenig veräppelt vor, aber was machte das schon, wenn nebenan die nächste Ablenkung auf uns wartete? Ein schneeweißer Salzsee, unter dem Namen Amadeus bekannt, lag zu unserer Rechten. Voller Eifer rutschten wir die roten Sanddünen hinunter, rannten an einem alten Autowrack vorbei und hinein in einen langen Wellblechtunnel. In Australien sind die Wege nie kurz.
Wir hatten sogar Glück. Durch die ansteigenden Temperaturen war der See inzwischen fast ausgetrocknet und wir konnten ihn betreten. Wer einmal in einen feuchten Salzsee eingebrochen ist, der würde so schnell seine Klamotten und Schuhe nicht wieder gereinigt bekommen, brummte unser Tourguide verwarnend. Noch einmal würde er keine lebende Salzsäule in seinen Bus lassen. „Das war eine richtige Schweinerei. Auch Wochen später fand ich klumpiges Salz im Wagen.“
Lange durften wir nicht bleiben, denn der Tag war bereits vorangeschritten und das Ziel nicht erreicht. Die Landschaft flog an uns vorbei, Büsche schrumpften zu kleinen Grasbüscheln und wir sahen keine Menschenseele. Kein Auto kam uns entgegen, kein Lastwagen peitschte unserem Bus Wind um den Kühler. Australien kann ganz schön einsam sein. Aber dafür hat es die schrägsten Überraschungen auf Lager. Das Haus auf Rädern, das uns entgegen kam war definitiv so eine. Mitsamt Polizeigeleit und Partnerhaus im Schlepptau kam uns eine kleine Karawane entgegen, die sich nüchtern als „oversized“ ankündete. Dafür mussten wir sogar in einen Graben fahren, denn sonst hätte es einen Zusammenstoß gegeben.
Weitere Stunden vergingen und dann wurde der Bus ganz still. Nein, es war kein weiteres Haus auf Rädern und auch kein Trugbild. Dieses Mal, war er echt: wir waren am Uluru angelangt. Langsam aber sicher wuchs er vor unseren Augen, wurde größer und gewaltiger. Je länger wir fuhren, desto mehr veränderten sich seine Farben. Zog sich eben noch ein rostbrauner Schimmer über den unebenen Inselberg, so schimmerte er im nächsten Moment in einem krassen Rot. Die Sonne näherte sich dem Horizont und blaue Schatten füllten die vielen Rillen, die inzwischen sichtbar waren. Je nach Wetterlage und Sonneneinstrahlung, schimmert der Uluru nämlich in den unterschiedlichsten Farben. Gerade bei leichten Sandstürmen, erhascht man den intensivsten Rotton.
Ich kannte Postkarten vom Uluru, aber die Bilder ähnelten dem, was ich nun sah nicht wirklich. Zum einen war er unglaublich groß. Mit einer Höhe von 863 Metern in einer sonst extrem flachen Landschaft, fühlt man sich plötzlich ganz klein. Und er war auch bei weitem nicht so oval, wie man es von Fotos vermutete. Eher erinnerte er mich an die unförmigen Amöben, wie ich sie noch aus dem Biologieunterricht kannte. Mal gab es aalglatte Steinwände, dann riesige Risse und Felshöhlen, Geröllhaufen und Wasserstellen.
Und es war saftig grün ringsherum! Zwar war der Uluṟu-Kata-Tjuṯa-Nationalpark wider Erwarten keine Wüstenlandschaft, aber die vielen Bäume und Gräser ringsherum erschienen einfach wie aus einer anderen Welt. Das jedoch war nichts im Vergleich dazu, die Sonne neben dem Uluru aufgehen zu sehen, die erhabene Stille zu hören, die sich über das Land legt, so als ob nicht mal die Grillen diese Andacht stören wollten. Denn, dass der Uluru heilig ist, versteht man voll und ganz, wenn man staunend vor ihm steht. Ich bin nicht gerade spirituell, aber in diesem Moment der Stille und bei dem roten Schein, der sich mir darbot, da gab es keinen Zweifel mehr. Der Uluru ist pure Magie.
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Mit Chaos im Gepäck: bis ans andere Ende der Welt | |
Es sollte so einfach sein. Alle Zelte abgebrochen und ans andere Ende der Welt, ging es ab nach Neuseeland und Australien. So ein Working Holiday Jahr konnte ja nicht so schwer sein. Ab ins Abenteuer – das war das Ziel. Aber wo die Sonne durch das Ozonloch brennt, da sind auch Schattenseiten. Nach einem Nahtoderlebnis über den Great Barrier Reef, erzwungenem Ameisenhinternküssen und ganz vielen Fettnäpfchen, sah die Sache ein wenig anders aus. Aber dann gab es schließlich noch silberne Wasserfälle auf dem sonst so roten Uluru oder die Verwechslung mit einem Celebrity auf der Fashion Week. Wer reist, kann viel erzählen und wer Chaos im Gepäck hat, der kommt aus dem Quasseln gar nicht mehr raus! |