Unterwegs im Kleinen Kaukasus: Die Festung Rabati

Da waren wir also angekommen in Borjomi und hatten ganz schön Glück. Denn niemand verstand uns und wir verstanden niemanden – und nur durch Artur von der Touristeninformation und sein flüssiges Englisch war es uns möglich, überhaupt unser Ziel, das Felsenkloster Vardzia, anzusteuern. Ich glaube, hätten wir ihn nicht gehabt, wir wären wohl endlos durch die Stadt gerannt, auf der Suche nach jemandem, der zumindest etwas Englisch oder Deutsch sprach, um einem Taxifahrer zu vermitteln, wo wir denn hinwollen und zu welchem Preis. Das wäre nicht schön gewesen, ich finde, so wie ich es hier schreibe, klingt es ein bisschen wie der Inhalt eines Albtraums. Doch als wir in der Touristeninfo standen, war bereits alles für uns vorbereitet – Tour mit Fahrer, da- und dorthin, zu jenem Preis, noch günstiger, falls sich noch mehr Touristen finden, morgen früh um neun. Wir mussten eigentlich nur noch ja sagen, und darüber war ich ganz schön erleichtert. Als wir das kleine Häuschen der Touristen-Info verlassen, kommen gerade drei junge Männer aus Litauen an. Ganz schön viel los hier, denke ich mir, und muss am nächsten Morgen lachen, als die drei Touristen, die neben uns an der Tour teilnehmen wollen, sich als die drei Litauer herausstellen. Ich werde die Vermutung nicht los, dass wir fünf zu diesem Zeitpunkt tatsächlich die einzigen Touristen in Borjomi waren.

Kleiner Kaukasus Grünes Kloster Borjomi

Tourismus im Kleinen Kaukasus

Artur, der selbst nicht mitfahren wird, erklärt uns alle Sehenswürdigkeiten im Schnelldurchlauf und nennt uns eine riesige Masse an Infos, von denen ich den Großteil direkt nach dem Hören vergesse. Und er verspricht uns hoch und heilig, dass wir am selben Tag noch zurück nach Tbilisi kommen. Am liebsten würde ich Artur festhalten und mitnehmen. Unser Fahrer spricht nur Georgisch und Russisch, die Litauer unterhalten sich angeregt mit ihm und übersetzen den einen oder anderen Brocken auf Englisch. Manchmal verstehe ich auch ein Wort, ein Fremdwort, einen Ortsnamen oder eines, das dem Deutschen irgendwie ähnlich ist, und freue mich. Das Auto, in dem wir unterwegs sind, beeindruckt mich ganz schön. Ich hatte mit einem alten, rostigen Kleinbus gerechnet, der seine besten Tage irgendwo in Moskau hinter sich gebracht hat und zum Sterben nach Georgien geschickt wurde, aber stattdessen sitzen wir in einem geräumigen und sehr schicken Gefährt einer englischen Automarke auf Ledersitzen. Es gibt sogar am Armaturenbrett einen kleinen Bildschirm, der beim Einparken und Rückwärtsfahren das Bild einer hinten montierten Kamera überträgt. Trotzdem erzählt uns auch der Fahrer, dass sich der Tourismus in und um Borjomi noch nicht lohnt und bisher (wohl außer Artur) niemand davon leben kann.

Kleiner Kaukasus Grünes Kloster Borjomi
Kleiner Kaukasus Grünes Kloster Borjomi
Kleiner Kaukasus Grünes Kloster Borjomi

Das grüne Kloster

Vardzia ist nicht unser einziges Ziel, stattdessen gibt es eine ganze Fülle von Orten, die wir heute auf dem Weg dorthin abklappern werden. Der erste ist das grüne Kloster, von dem ich nirgends einen richtigen Namen finde. Grün ist das Kloster nicht unbedingt, aber die Umgebung im Frühjahr und Sommer bestimmt, denn es steht mitten im Wald – was die Fahrt dorthin ganz schön holprig macht. Nicht nur nach dem Grün im Kloster, auch nach den laut Artur blutroten Steinen im angrenzenden Bach suche ich vergeblich. Einer Legende nach sind in dem Kloster viele Mönche umgekommen, weshalb sich ihr Blut nie wieder von den Steinen waschen lässt. Nun ja – die Zeit hat das scheinbar dann doch geschafft.

Die Festung Rabati

Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien

Der nächste Halt liegt in der Stadt Achalziche, die, wie ich später erfahre, sogar größer ist als das viel bekanntere Borjomi – und noch dazu die Hauptstadt der gesamten Region ist. Achja, die Region heißt übrigens Samzche-Dschawachetien. Und nein, ich kann das immer noch nicht aussprechen. (Ich muss ehrlich sagen, ich habe auch lange überlegt, wie ich den Blogpost benenne – „Unterwegs in Samzche-Dschawachetien“ klingt irgendwie wenig ansprechend, oder?) Achalziche war früher muslimisch geprägt und lange Teil des Osmanischen Reiches, was man vor allem an der Festung Rabati sehen kann. Mit ihren klobigen Türmen, den goldenen Kuppeln und den akkurat geschnittenen Zypressen im geometrisch angeordneten Garten erinnert sie mich an eine etwas weniger leichtfüßige Version der Alhambra. Irgendwie passt das, ein allzu verspieltes und dekoriertes Gebäude hätte vor der Kulisse der scharfkantigen Gipfel des Kaukasus merkwürdig ausgesehen, und doch setzt sich die Anlage merklich ab von den wuchtigen georgischen Kirchen und den eng aneinandergereihten Häusern in der Umgebung. Der Kaukasus, das klingt nach Menschen, die irgendwo im Nirgendwo auf Pferden durch eine Hochebene preschen, nach einem Ort, an dem der Pragmatismus regiert, an dem die pure Lebensfreude einfach keinen Platz hat. Und doch ist hier in Rabati scheinbar ein bisschen Luftigkeit, ein bisschen Verschnörkelung erlaubt. Vielleicht ja, weil wir hier nur im Kleinen Kaukasus sind.

Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien

Es macht Spaß, sich die Festung anzusehen, weil man auf jeden Turm klettern und eigentlich alles betreten kann. Von überall hat man andere Aussichten, auf Rabati selbst, auf die Festungstürme und die große goldene Kuppel der Moschee, auf die Berggipfel ringsum, auf die Stadt, die einem zu Füßen liegt. Und auf den strahlend blauen Himmel, der sich über alledem erstreckt. Für den größten Teil des Klosters muss man nicht einmal Eintritt bezahlen, den Durchgang mit dem Museum sparen wir uns einfach, laufen dafür noch einmal außen herum und genießen die Sonne.

Da ich so viele Fotos habe, teile ich den Beitrag durch zwei: Im nächsten Teil zeige ich euch das Felsenkloster Vardzia und erzähle die wohl absurdeste Geschichte, die mir in Georgien passiert ist. Hier gehts weiter!

Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Festung Rabati Kleiner Kaukasus Georgien
Was kommt euch in den Sinn, wenn ihr an den Kauksasus denkt? Wart ihr schon einmal in Georgien?

4 Gedanken zu “Unterwegs im Kleinen Kaukasus: Die Festung Rabati”

  1. Wirklich schöne Bilder! Ich habe mich sehr über deinen Artikel gefreut, man liest so selten etwas über Reisen in Georgien auf Blogs. Ich war vor 1 1/2 Jahren in Georgien, ich habe an einem Austauschprogramm zum Thema 'Gender Equality' teilgenommen, das in Rustavi stattgefunden hat. Aber wir waren auch einen Tag in Tblisi und ein paar Tagen Zelten nördlich von Tblisi. Es war eine tolle Erfahrung, aber ich hätte auch gerne noch mehr von Georgien gesehen, aber das kann ja noch werden 🙂
    Alles Liebe aus Istanbul

    1. Ja, das stimmt! Leider ist Georgien als Reiseland immer noch relativ unbekannt.
      Das klingt wirklich spannend 🙂 Georgien ist wirklich ein tolles Ziel, da lohnt sich ein zweiter Aufenthalt.

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