Gastbeitrag: Filme einfach zu Hause entwickeln

Heute habe ich zum ersten Mal einen Gastbeitrag für euch, und dann gleich einen so interessanten! Bonnie, die normalerweise auf discreation über Fotografie und Fototechnik bloggt, präsentiert euch heute, wie man mit herkömmlichen Haushaltskram seine eigenen Filme entwickeln kann. Ich bin mir noch etwas unsicher, ob ich das ausprobieren werde – ich habe so viel Angst, irgendeinen doofen Fehler zu machen und meine Negative zu versauen! Aber bei ihr klappt es wohl sehr gut und ein paar Fehlschläge gehören zum analogen Fotografieren ja auch dazu… So oder so ist das Ganze eine unheimlich spannende Idee (ich habe meine Filme immer nur mit verschiedenen Chemikalien aus dem Fotogeschäft entwickelt und wusste bis jetzt nicht, dass es auch so einfach geht), und falls ihr es mal ausprobieren wollt: Viel Spaß und viel Erfolg! 🙂

Als Analogiker denkt man vielleicht irgendwann mal darüber nach, ob es nicht möglich ist, die geschossenen Bilder selbst irgendwie sichtbar zu machen. Filme immer ins Labor zu bringen braucht immerhin ein paar Tage, bis man fertige Negative in der Hand hält. Filme selbst entwickeln. Geht das eigentlich so einfach, dass man das auch zu Hause machen kann? Klar, sonst würde ich diesen tollen Beitrag jetzt nicht verfassen. Man kann seine Bilder sogar mit ziemlich simplen Haushaltsmitteln sichtbar machen.

Ich möchte euch aber gleich am Anfang schon sagen, dass ein paar Mehrkosten auftreten können, da man sich ein, zwei Dinge besorgen muss, welche man für Gewöhnlich nicht zu Hause hat. Das kann teuer werden. Gleichzeitig will ich aber auch sagen, dass man sich dadurch keineswegs abschrecken lassen soll.

Selbst, wenn ihr euch jetzt denkt, dass ist alles zu viel und zu kompliziert, vielleicht behaltet ihr den Eintrag im Hinterkopf und in ein, zwei Monaten, oder Jahren fällt es euch wieder ein und ihr denkt euch „Jetzt habe ich da mal Lust drauf!“ – So war es bei mir.

Diese Anleitung bezieht sich auf den Agfa S/W Film mit 100ASA von DM.

Aus dem Supermarkt und der Drogerie braucht ihr Instant Kaffee – der entwickelt nämlich euren Film, außerdem Vitamin C-Pulver, welches den Kaffee unterstützt, seine Wirkung beschleunigt und dafür sorgt, dass die Bilder keine Vintage-Kaffee-Tönung bekommen. Außerdem noch flüssigen Spülmaschinenreiniger – der sorgt für sauberes Wasser. Wozu genau die Soda da ist, habe ich noch nicht rausgefunden.

Außerdem braucht ihr einen möglichst genauen Messbesser, den ihr nicht mehr für die Küche braucht. Wichtig. Verschiedene Behälter zum Mischen der Tinkturen. Ich nehme Plastikbecher, das funktioniert. Und etwas, um alles umzurühren, z.b. einen Holzstab (vom Japaner). Klammern und die Wäscheleine, um den Film später zum trocknen aufzuhängen. All das gibt es bei Kodi. Zudem braucht ihr noch Wasserfeste Stifte, Schere, Kreppband, einen Timer (Mal im App-Store nachgucken, da gibt es bestimmt welche) einen Kugelschreiber und Papier zum beschreiben. Ein oder zwei Eimer sind auch noch ganz praktisch.

Die einzige Chemikalie, welche wir brauchen, ist der Fixierer. Den kann man bei guten Fotofachhändlern direkt im Laden bestellen, oder in diversen Onlineshops. Ich nutze den Ilford Rapid, 1 Liter hat 18€ gekostet.

Außerdem ein elementares Werkzeug bei der Filmentwicklung ist der Entwicklertank. Marktführer ist Jobo, die Dosen sind gut und man kann sich drauf verlassen. Es gibt verschiedene Größen, z.B. kleine Tanks nur für Kleinbildfilme, welche natürlich auch weniger kosten. Solltet ihr nicht im Mittelformat fotografieren, lohnt es sich natürlich auch nicht, sich einen großen Tank zu kaufen – so wie ich, der hat 49€ gekostet. Alle kleineren Tanks sind natürlich günstiger.

Und nun noch eine Befürchtung, welche ich wahr werden lassen muss: Man braucht eine Dunkelkammer. Oder einen Wechselsack. Auf jeden Fall einen Ort, an dem es absolut Lichtdicht ist. Nichts, rein gar nichts darf irgendwie (auf)leuchten – keine LED-Lampen, keine Handys, keine Schlüssellöcher – nichts. Denn die Filme sind ja lichtempfindlich, und jedes noch so kleine Partikelchen kann unsere Bilder kaputt machen. Klingt nervig, aber auch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen.

Wieso eigentlich nicht?
Ganz klar – das selbst entwickeln fühlt sich fantastisch an. Seine Filme selber zu Bildern zu machen, das klingt doch schon spannend. Außerdem hat man, wenn man ein wenig Erfahrung gesammelt hat, mehr Einfluss auf die Ergebnisse – denn in den großen Laboren werden die Filme einfach durch die Automaten geschickt, ohne Rücksicht auf individuelle Anforderungen.

So. Der Entwicklertank.

In die Spirale kommt der Film rein, genauer gesagt wird er hier eingespult. Mit einem Kleinbildfilm ist das etwas einfacher, weil dieser kleiner ist. Dieses Einspulen sollte vorher geübt werden, damit es später in der Dunkelkammer auch klappt. Dazu gibt es Teststreifen, oder man nimmt einen (billigen) Film, den man entbehren kann.

Man schneidet zuerst die Lasche vorn am Kleinbildfilm ab, viele handhaben es außerdem, die Ecken mit der Schäre abzurunden, damit das Einspulen einfacher geht. Man schiebt den Film in die Spulöffnungen bis zur Griffmulde, dann kann man ihn ganz leicht, in dem man die Filmkanten mit den Zeigefingern festhält, durch drehen der Spirale einspulen. Beim Jobo-Tank sollte eine genaue, bebilderte Anleitung bei sein. In diesem Youtube-Video kann man es sich auch anschauen.

Das erste bisschen Film Einspulen muss noch nicht einmal im Dunkeln gemacht werden. Wieso? Beim Einlegen in die Kamera zieht ihr die ersten zwei Bilder auf dem Film sowieso aus der Dose, das heißt, diese sind ohne hin hinüber. Also könnt ihr den Kleinbildfilm auch schon in Hellen in die Box spulen, nur das komplette aufspulen muss dann im Dunkeln geschehen. Der Film wird am Ende, also wenn die Filmdose kommt, abgeschnitten.

Anm. Ich habe hier einen Mittelformatfilm eingespult 😀

Erst, wenn der Deckel wieder fest auf dem Tank sitzt, könnt ihr das Licht wieder einschalten.

Dann kommen wir zum Entwicklungsprozess, und hier kommen dann auch die Mengen der einzelnen Zutaten ins Spiel – und das ist wieder so eine Sache, wo man sich denkt: Oh je!

Denn wie viel Flüssigkeit man braucht, dass hängt vom Entwicklertank ab. Ihr habt es schon gesehen, bei mir steht es drauf: 485ml

Das ist aber bei jedem Tank unterschiedlich, steht aber auch eigentlich drauf. Unten drunter, vorn drauf oder im Beipackzettel.

Jetzt müsst ihr die Mengen nämlich für eure Flüssigkeitsmenge umrechnen. Das geht ganz einfach mit dem 3-Satz, oder einem Online-Prozentrechner. Wenn ihr z.b. 300ml Flüssigkeit braucht, müsst ihr rausfinden, wieviel % 300ml von meinen 485ml sind. Okay?

Jetzt wissen wir, dass wir für 300ml Flüssigkeit 60% von meinen Angaben brauchen.

Und jetzt, um von dem ganzen Rumgerechne wieder klar zu werden: Meine Angaben hier in dieser Anleitung beziehen sich jetzt auf 485ml Flüssigkeit!

485ml Wasser, 20°C warm
4 TL Kafeekristalle
2,5 TL Waschsoda
0,5 TL Vitamin C Pulver

Schreibt euch die Mengen, die ihr braucht, am besten direkt in euren Moleskine, oder euren Organizer oder eurem Scribblebook.

Das ganze in einem Becher gemischt ergibt meine Entwicklerlösung. Zudem brauchen wir aber nochmal 5x 485ml warmes Wasser für die ganzen Spülungen und noch Wasser für den Fixierer, der wird nämlich auch noch verdünnt. Um wie viel steht auf der Flasche drauf, bei meinem Ilford Rapid heißt es 1:4. Also 1 Teil Fixierer und 4 Teile Wasser (97ml Fixierer, 388ml Wasser).

Die Gummikappe auf dem Tank kann abgenommen werden, um die Tinkturen einzufüllen. Zu aller erst wird Wasser eingefüllt. Die Gummikappe wieder drauf, damit alles dicht ist, und den Tank drei mal auf den Kopf und wieder zurück drehen, damit der Film komplett umspült wird. Kappe wieder ab und das Wasser rausschütten. In einen Eimer oder ein Gefäß, um es nochmal zu verwenden (das ist okay) oder in den Abguss. Das war die erste Spülung.

Schreibt euch auch hier den genauen Entwicklervorgang mit den Zeiten und den Drehungen des Tankes in eine Liste, damit ihr das beim tatsächlichen entwickeln schnell nachlesen könnt, was ihr machen müsst.

Jetzt den Timer stellen: Auf 15 Minuten.

Entwicklerlösung in den Tank geben und Gummikappe drauf.

In der ersten Minute den Tank kontinuierlich auf den Kopf und wieder zurück drehen.

Den Rest der Zeit jede Minute drei mal auf den Kopf und wieder zurück drehen.

Sind die 15 Minuten um, könnt ihr die Lösung wegschütten. Sie ist nur begrenzt haltbar und eignet sich daher nur einmal zum entwickeln – anders als den Fixierer, den ihr 10x nutzen könnt.

Vor dem Fixieren spült ihr den Film noch einmal. Also wieder 485ml Wasser in den Tank, drei mal drehen und was Wasser wieder auskippen. Dann den verdünnten Fixierer einfüllen.

In 6 Minuten jede Minute den Tank 3x drehen.

Dann den Fixierer in eine Flasche füllen (nicht wieder zurück zum restlichen Fixierer) und beim nächsten Mal wieder verwenden. Auf die Flasche könnt ihr dann noch (mit Kreppband) drauf schreiben, wie oft der Fixierer schon benutzt wurde.

Jetzt spült ihr den Film nach mal durch, um die Chemiereste zu entfernen. Und zwar mit den restlichen 3x 485ml Wasser, in welche wir jetzt noch einen Tropfen Spülmaschinenreiniger geben – das ist vermutlich gegen den Kalk. Alternativ geht auch destilliertes Wasser.

Wasser einfüllen, den Tank 5x drehen, Wasser wieder auskippen.

Bei der zweiten Spülung dreht ihr den Tank 10x und bei der dritten Spülung 20x.

Ta-Damm!

Das war’s dann! Der Film ist jetzt enwickelt. Ja, das funktioniert wirklich – ich konnte es am Anfang auch nicht wirklich glauben. Ihr könnt euren Tank jetzt öffnen und die Spirale rausholen. Den Film hängt ihr zum Trocknen mit den Klammern an die Wäscheleine, und beschwert ihn auch unten mit Klammern, damit er sich nicht zusammenrollt. Entwickelte Filme sollten am besten in Staubarmen Räumen trocknen, also im Badezimmer, damit sich keine Staubpartikel auf den Streifen absetzen.

That’s it, was meint ihr? Lohnt es sich? Für euch? Hättet ihr Lust, eure S/W Filme selbst zu entwickeln?

5 Gedanken zu “Gastbeitrag: Filme einfach zu Hause entwickeln”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.