Lomography London

Mit Lomography in London: Ein fotografischer Reiseführer

Ich liebe es, analog zu fotografieren, und ich liebe die Lomographie. Leider komme ich viel zu selten dazu, meine Kameras auszuführen – auf Reisen nehme ich meistens die Spiegelreflex und habe oft keine große Lust, ständig zwischen zwei Kameras zu wechseln.

Das muss sich ganz definitiv ändern! Um in Zukunft mehr Lomo-Bilder von meinen Reisen mitzubringen, habe ich mir selbst eine kleine Challenge überlegt: Zu einigen Orten, die ich besuche, werde ich in Zukunft kleine Lomography-Travelguides schreiben. Ich werde Orte und Aktivitäten suchen, bei denen es sich ganz besonders lohnt, mit einer verrückten kleinen Plastik-Analogkamera aufzukreuzen, und natürlich werde ich euch meine Bilder präsentieren. Dazu möchte ich zu jeder Stadt auch die analoge Kamera vorstellen, mit der die Fotos aufgenommen wurde. Letztendlich geht es schließlich darum, euch die Fotografie mit Film näher zu bringen, und ich glaube, viele haben erst mal Hemmungen, wenn es um den Kamerakauf geht. Gerade bei Lomography gibt es ja eine riesige Auswahl, da fällt die Wahl schwer – mit ein paar Stichpunkten zur Benutzung und den Fähigkeiten und Grenzen jeder Kamera möchte ich euch ein bisschen helfen.

Gleichzeitig sollen Lomo-Bilder auch einfach mehr Eingang in alle anderen Artikel finden. Wer hat schließlich die Regel aufgestellt, dass Reiseblogger ihre Texte nur mit Spiegelreflex-Fotos bebildern dürfen?!

Los geht es heute mit London – von meinem Kurzurlaub dort hatte ich ja zwischen all den Ecuador-Texten noch gar nicht berichtet. Wie das bei Kurzurlauben so ist, war die Zeit viel zu knapp für all die Dinge, die wir uns vorgenommen hatten, und das Wochenende war dank unbequemem Bett (Was haben die Briten nur mit ihren Betten?!) und einer stressigen Uber-Fahrt zum Flughafen am Ende vergleichsweise unentspannt. Dafür waren wir begeistert von der Vielfalt an Restaurants und Märkten, den tollen Street-Art-Kunstwerken, (mal wieder) von der britischen Pub-Kultur und von der Seilbahn über die Themse, die man sogar mit den normalen Öffi-Tagestickets nutzen kann!

Aber gut, wie gesagt soll es hier um die Lomographie gehen – und darum, was man in London alles Schönes lomographisch festhalten kann. Bevor ich euch meine Tipps präsentiere, möchte ich euch aber noch einmal die zehn goldenen Regeln der Lomographie ins Gedächtnis rufen – oder präsentieren, falls ihr sie noch nicht kennt. Am besten speichert ihr euch das Bild ab und schaut es euch an Tagen an, in denen euch die Inspiration zum Fotografieren fehlt – damit verfliegt sie sofort, versprochen!

Lomography 10 Regeln

Jetzt aber ab nach London, also virtuell gesehen. Die letzte der zehn Regeln gilt natürlich auch für meine Tipps: Regeln sind da, um sie zu brechen, Tipps, um ihnen zu entgehen. Entdeckt euer eigenes lomographisches London! 🙂

1. Postkarten-London mal anders

Das Beste an Lomography-Bildern ist meiner Meinung nach, dass jedes Bild etwas Besonderes ist. Man weiß vorher nie, was hinterher rauskommt, wird häufig überrascht und bekommt in jedem Fall ein Unikat. Was viele als Nachteil sehen, ist gerade in viel fotografierten Städten wie London ein großer Vorteil: Selbst die touristischsten Motive sehen mit einer Lomo-Kamera fotografiert irgendwie wieder spannend und cool aus. Noch dazu sticht man aus der Masse an Fotografen um einen herum heraus, weil man als Einziger weder eine Spiegelreflex noch einen Selfie-Stick in der Hand hat 😉

Also: Volle Kanne Tourist sein und Sehenswürdigkeiten mit der Lomo-Kamera ablichten, genauso wie alles, was London klischeehaft auszeichnet – hallo, Telefonboxen und rote Doppeldeckerbusse. Fortgeschrittene halten sich dann noch selbst oder gegenseitig beim Erkunden fest – oder sie fotografieren andere Touristen. Das ist nämlich auch das Großartige bei der Lomographie: Dadurch, dass man so schnell knipsen kann und gerne auch den Schuss aus der Hüfte ausprobieren darf (siehe Lomography-Regeln), stört man die Leute überhaupt nicht. Noch dazu wirkt eine kleine Plastikkamera natürlich weniger beunruhigend als eine dicke Spiegelreflex.

Lomography London Lomography London

2. Londons Street Art als Motiv

Im Osten von London findet, wer genau hinsieht, an jeder Straßenecke Kunst. Darunter sind namhafte Künstler – so namhaft, dass von einigen von ihnen (Stichwort Banksy) heute keine Kunstwerke mehr zu sehen sind, weil sie von Galeristen und Sammlern eingesammelt wurden. Orte, an denen es so viel Straßenkunst gibt, sind ein Paradies für Lomographen. Natürlich nicht, um einfach nur die Bilder abzufotografieren. Stattdessen ergeben sich durch Spray-Werke, Schablonenkunst und Paste-Ups, häufig auf alten, halb verfallenen Ziegel- oder Industriebauten, tolle Strukturen und spannende Muster, die es sich zu finden und zu fotografieren lohnt.

Lomography London Lomography London

Natürlich kann man sich im Londoner East End einfach so herumtreiben – mit offenen Augen wird man genug entdecken können, und am Wochenende ist hier noch dazu einiges los. Sehr spannend ist aber auch die trinkgeldbasierte Alternative London Tour. Hier bekommt man die Stadt von jemandem gezeigt, der selbst als Street Art-Künstler arbeitet und sich somit in der Szene auskennt. Auch, wenn ich die Namen der einzelnen Künstler schnell wieder vergessen hatte, war es spannend, mal Hintergrundgeschichten zu den Werken zu hören. Auch die verschiedenen Methoden, Kunstwerke im öffentlichen Raum an die Wand zu bringen, wurden uns vorgestellt – wusstet ihr, dass manche Künstler Farbe mit Hilfe von Feuerlöschern an die Wände bringen?!

Lomography London

Meine Kamera: Die La Sardina
La Sardina Die La Sardina-Familie ist eine der „simpleren“ Kameraserien von Lomography. Es gibt weder fancy 360-Grad-Aufnahmen noch baut man sich eine Lochkamera selbst zusammen. Meiner Meinung nach besticht sie aber gerade durch ihre Einfachheit: Anfänger können damit wunderbar herumprobieren und Profis sie für die verschiedensten Effekte nutzen. Die La Sardina nimmt 35mm-Filme (also die ganz normalen, die du im Drogeriemarkt kaufen und entwickeln lassen kannst) und hat eine bestechend simple Bedienung: Für die Belichtungszeit kannst du zwischen einer normalen Zeit (etwa 1/100-Sekunde) und der Bulb-, also Endlosbelichtung wählen – dabei belichtet die Kamera so lang, wie du den Auslöser drückst. Die Kamera scheint mir im Vergleich zu anderen Lomo-Kameras eine relativ kleine Blende zu haben, also sozusagen vergleichsweise wenig Licht durchzulassen. Bei bewölktem Wetter wurde es, siehe Fotos, selbst mit einem ISO400-Film schwierig. Die La Sardina hat einen ziemlich starken Weitwinkel (etwa 22mm), du bekommst also viel auf einmal aufs Bild. Bei solchen Brennweiten und der teils recht starken Verzerrung zu den Seiten hin lohnt es sich, mit der Kamera so nah wie möglich an Motive heranzugehen. Für den Fokus kannst du zwischen nah und fern wählen. Eine richtig coole Besonderheit hat die La Sardina jedoch: Mit der Einstellung „MX“ kannst du Doppelbelichtungen machen. Bisher hab ich das noch gar nicht ausprobiert, aber ich freu mich drauf!

Die Lomography La Sardina gibt es in verschiedenen Farben und Mustern, von denen viele nur für eine limitierte Zeit verfügbar sind. Ich find ja persönlich die Cosmic Edition ziemlich schick! Am coolsten ist aber natürlich die DIY-Variante – hier kannst du die Vorder- und Rückklappen selbst bestücken, indem du sie bemalst oder, wie ich, Papier einbaust. Falls du also immer schon mal von deiner persönlichen, individuellen Kamera geträumt hast, hier ist deine Chance! Auseinander- und Zusammenbauen ist übrigens leichter, als es aussieht – ich habe zwei linke Hände und habe es trotzdem geschafft (wenn auch mit etwas Unterstützung des Liebsten). Genaueres erfährst du hier.

Mit der DIY-Edition und anderen Kameras der Serie kommt zudem ein ansteckbarer Blitz inklusive vier Farbfilter zum Aufstecken. Damit kannst du abends und nachts experimentieren. Allerdings ist der Blitz, wie ich finde, ganz schön klobig und auffällig, weshalb ich ihn bisher erst einmal verwendet habe. Noch dazu wurde ich in London damit aus der Sicherheitskontrolle gefischt, durfte aber nach einem grinsenden Beamten („Ganz schön retro!“) doch noch in den Flieger steigen 😉

3. Straßenleben und Märkte

Das Schönste an London waren für mich die vielen verschiedenen Märkte. Ob hipper Sonntagsmarkt mit glutenfreien Brownies, traditioneller Bauernmarkt in einem verschlafenen Vorort oder für Touristen aufgezogener Trödelmarkt – man kann in London eigentlich ein ganzes Wochenende damit verbringen, über Märkte zu schlendern. Sein Frühstück oder Mittagessen kann man so wunderbar mit einem Spaziergang und jeder Menge zu gucken verbinden. Und die Kamera sollte man natürlich nicht vergessen!

Auf einem Markt gibt es vor allem Trubel, und der ist ideal für jeden Lomographen. Denn so hat man einerseits immer ein Motiv und geht andererseits in der Masse unter. Spaß macht es natürlich vor allem, nach den kleinen, ungewöhnlichen Details zu suchen. Ich fotografiere (wie man vermutlich sieht) liebend gern Tiere, vor allem, wenn sie gerade so schön in meine Kamera gucken…

Lomography London Lomography London Lomography London

Uns haben übrigens vor allem der Wochenendmarkt bei London Fields und ein kleiner, sympathischer Bauernmarkt in Blackheath gefallen. Auf Letzterem waren wir nur, weil wir in der Nähe übernachtet haben – gerade für alle, die aufgrund der extremen Preise ins Umland ausweichen, lohnt es sich, mal nachzufragen, ob es irgendwo in der Nähe am Wochenende einen kleinen Markt gibt. Lokales und Bioprodukte sind in Großbritannien sehr gefragt, daher bieten fast überall Bauern aus dem Umland ihre Produkte an.

Lomography London

4. Der St. James‘ Park

Definitiv kein Geheimtipp mehr – ich bin trotzdem erst durch einen Artikel bei Juli auf den St. James‘ Park gestoßen. Böse Zungen behaupten, dass ich überhaupt nur deswegen nach London wollte… Nun ja, ich denke, es spricht schon mal Bände, dass wir direkt nach unserer Ankunft, noch inklusive Koffer und Rucksack, dort waren. Und ich wurde nicht enttäuscht: Mit einer Tüte Nüsschen in der Tasche kamen die Eichhörnchen ganz allein, sind auf mir herumgeklettert und ließen sich hin und wieder auch mehr oder weniger bereitwillig fotografieren. Die Tiere sind zwar eine kleine lomographische Herausforderung, weil sie verdammt schnell und ziemlich widerwillig sind, aber dafür macht es einfach Spaß, mit den Viechern Tauziehen um die Nüsse zu spielen.

Ein kleiner Hinweis aus eigener Erfahrung: Strumpfhosen vertragen sich denkbar schlecht mit spitzen Eichhörnchenkrallen.

Lomography London Lomography London

5. St. Dunstan in the East

Ebenfalls kein Geheimtipp – für die war in einem Wochenende London einfach kein Platz. Trotzdem war St. Dunstan in the East einer meiner absoluten Lieblingsorte in der Stadt. Die bei einem deutschen Luftangriff zerstörte Kirche wurde in den sechziger Jahren zu einem Park umfunktioniert, für den die beteiligten Landschaftsgärtner sogar Preise gewannen. Doch St. Dunstan in the East zeichnet nicht nur der toll angelegte Park aus, sondern vor allem die Lage: Viele Kirchenruinen in Großbritannien sind heute Parks, aber keine davon liegt wie St. Dunstan inmitten der City, zwischen hohen Bürogebäuden und gestressten Anzugträgern. Der kleine Park, der so unerwartet aus den Häusern heraussticht, ist ein Ort der Ruhe und lädt zum fotografischen Erkunden ein.

Da St. Dunstan nicht unbedingt ein Touristenmagnet ist, findet man hier unter der Woche vor allem Angestellte aus den umliegenden Büros, die hier ihr Mittagessen einnehmen oder einfach eine kurze Ruhepause machen. Am Wochenende ist der Park weitestgehend verlassen und hat so eine ganz eigene Atmosphäre.

Lomography London Lomography London

So, das war’s – konnte ich euch ein bisschen Lust auf die analoge Fotografie und vor allem die Lomographie machen?

Transparenzhinweis
Die La Sardina wurde mir von Lomography kostenlos zur Verfügung gestellt – vielen Dank nochmal! 🙂 Im Artikel schildere ich natürlich meine eigenen Erfahrungen und meine eigene Meinung – und auch meine Begeisterung lässt sich nicht kaufen.

3 Gedanken zu “Mit Lomography in London: Ein fotografischer Reiseführer”

  1. Hallo Ariane,
    lustig, dass dein Bericht grad jetzt kommt! Früher hab ich viiiel mit Lomos fotografiert, zwischen Thailand und den Umzügen hab ich die aber n bissle vergessen und erst neulich, beim Aufräumen der letzten Kisten, wieder entdeckt und mich riesig gefreut 🙂
    Gleiches gilt für Polaroid – wobei diese Filme soooo teuer sind!
    Liebe Grüße, Anne

  2. Die Lomobilder haben schon wirklich ihren ganz eigenen charme.. sind halt zufallsprodukte und ich glaube es würde mich ärgern nur mit der Lomo durch eine Stadt wie london zu laufen.. und wie du schon sagst: mit der spiegelreflex will man dann nicht dauernd switchen.. schon schade irgendwie…
    viele liebe Grüße

    Franzy

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