Wenn einer eine Reise tut in ein Land wie China, dann ist das Erste, das alle Daheimgebliebenen hinterher fragen: „Hast du was Absurdes erlebt?“
(Wenn du hier schon eine Weile mitliest, dann hast du dich das bestimmt auch schon gefragt, oder?)
Das Doofe: Ich weiß gar nicht genau, was ich erzählen soll. Es gab nicht das eine total verrückte Erlebnis, von dem ich hinterher als allererstes berichten musste. Stattdessen waren es die kleinen Dinge, die mich überrascht haben und die ich hin und wieder etwas kurios fand. An vielen Stellen war China so gar nicht wie die Vorstellung davon, die ich im Kopf hatte.
Was also berichten? Noch dazu – will ich den Ideen und Klischees der Leute entsprechen und vom Kuriosen berichten? Oder sollte ich, um Exotisierung und Sensationslust zu vermeiden, einfach mal erzählen, dass vieles nicht so anders war als woanders auf der Welt? Andererseits – was wäre das Reisen ohne die kleinen Überraschungen, die das Bild, was man im Kopf hatte, um 180 Grad drehen?
Ich hab mich deshalb entschlossen, eine kleine Liste zusammenzustellen mit den Überraschungen, die China für mich bereit hielt. Elfmal Kurioses aus dem Reich der Mitte – viel Spaß damit! 🙂
1. Das Suppenfest, oder: Die Sache mit den Selfies
In Kaifeng kommen wir vor dem Eingang zu einem großen Tempel an, vor dem sich eine große Menschenmenge gebildet hat. Heute ist in China Suppenfest, das letzte Fest vor dem wichtigen Frühlings- oder Neujahrsfest, und zur Feier des Tages gibt es einen kostenlosen Eintopf mit Reis und Bohnen, den ein Mönch und ein Mensch in Militäruniform fröhlich an die umstehenden Gäste ausschenken. Ich habe seit einem Tag Magenprobleme und hatte zum Frühstück nur ein Stück trockenen Toast, der intensive Geruch des Suppenstands macht meine Gesamtsituation nicht unbedingt besser. Ich stehe ein paar Meter abseits und schieße ein Foto, und als ich die Kamera absetze habe ich, ehe ich so richtig realisieren kann, was gerade passiert, eine Plastikschüssel Suppe in der Hand. Ein Teil der Menschentraube umkreist nun mich anstatt den Suppenkessel, alle haben ihre Kameras und Smartphones ausgepackt und knipsen wie wild. Sekunden später ist der Spuk vorbei, einige grinsen mir zu oder bedanken sich mit einem Nicken.
Eine Art Attraktion darzustellen, ab und an fotografiert oder nach Fotos gefragt zu werden, das kannte ich aus Lateinamerika. Aber in China nimmt dieses Phänomen noch einmal andere Ausmaße an. Vielleicht lag es daran, dass wir in einer Gegend unterwegs waren, in der nur wenige ausländische Touristen vorbeikommen, oder daran, dass wir in der Nebensaison dort waren? Wie auch immer: An touristischen Destinationen kam ich oft langsam voran, weil ich immer wieder für ein Bild posieren musste. Ich will nicht wissen, auf wie vielen WeChat-Fotos ich zu sehen bin…
Das Schöne daran ist: Auch die Chinesen haben meistens gar kein Problem damit, fotografiert zu werden. Auf Nachfrage wurde es uns immer erlaubt, und nicht selten haben ein Chinese und ich uns einfach gegenseitig fotografiert. Win-Win, sozusagen! Schön ist auch, dass man, wenn man mehr als Ni hao und Xiexie sagen kann, bestimmt richtig gut mit Chinesen ins Gespräch kommt.
2. Die absolut genialste Erfindung für den Winter
In den chinesischen Städten, die wir gesehen haben, waren wirklich viele Menschen auf Mofas, Fahrrädern und Mischungen aus beidem unterwegs, teilweise sogar mehr als in Autos. Der Grund dafür ist, dass viele dieser Geräte durch Strom angetrieben werden – und man somit Benzinkosten spart. Elektrofahrräder und Elektroroller sind in China sehr beliebt. Auch im Winter, auch bei morgens oft frischen Temperaturen unter null. Irgendjemand hatte deshalb eine phänomenale Idee und hat riesige, dicke Fausthandschuhe direkt an den Lenkergriffen installiert, zusammen mit einer dicken Decke, die vom Lenker herunterhängt und die Beine vor dem Fahrtwind schützt. Das Ganze gibt es auf chinesischen Straßen in allen Farben und Mustern, von grellpinken Pünktchen über Leo-Print bis hin zu Bärchen-Mustern.
Ganz ehrlich: Ich brauche so etwas! Damit löst sich jede Ausrede, was das Fahrradfahren im Winter angeht, in Luft auf. Diese Teile sind einfach genial – dass da hier noch niemand drauf gekommen ist!
3. Vergnügungspark auf Chinesisch
Eine Reiseerfahrung war wohl für uns drei, Eva, Stefan und mich, ziemlich absurd: Der Vergnügungspark in Kaifeng. Die Idee dahinter ist eigentlich sympathisch: Da vom alten Kaiserpalast aufgrund von Kriegen und Überschwemmungen nicht mehr viel übrig war, beschloss man, ihn wieder aufzubauen. Ein in China sehr bekanntes Bild des Kaiserpalastes zur Zeit der Song-Dynastie war so detailliert gemalt, dass man nicht nur genau nachvollziehen konnte, welche Gebäude wo standen, sondern auch, welche Tätigkeiten wo ausgeübt wurden. Und nach diesem Vorbild entstand die Nachbildung des Kaiserpalastes.
Nur, dass dieser heute innen weder ebenfalls Palastnachbildung noch Museum ist, sondern eine Art china-historisches Disneyland. Es gibt alte Boote auf dem Fluss, eine Art Arena, durch die Pferde galoppieren, Schauspiel- und Puppentheater-Aufführungen, dekorierte Kamele, einen Spielplatz, nachgebildete Tempel, in denen man sich als Kaiser von China verkleiden kann – und natürlich viele viele Souvenirläden. Die meisten davon verkauften das Gleiche, doch einige waren ein wenig spezieller. So zum Beispiel der Stand mit den Holzbüsten von Mao, Konfuzius und anderen (mir unbekannten) Persönlichkeiten in verschiedenen Größen.
Richtig schön und auch sehr fotogen fand ich dagegen die Stände mit den Kalligraphiebildern, bei denen man direkt beobachten konnte, wie sie gemalt werden. Darüber, dass die Künstler nebenbei ein Smartphone als Spickzettel benutzen und unter dem traditionellen Gewand aus der Kaiserzeit eine Outdoor-Jacke tragen, muss man wohl einfach hinwegsehen.
4. China, ein Land für Mode-Trendsetter
Ganz ehrlich: Was die Kleidung der Menschen in China angeht, hätte ich mehr Gleichförmigkeit erwartet. Anzug, Kostüm, grau in grau, allesamt ordentlich, so in etwa habe ich mir das vorgestellt. Wie falsch ich lag! Nicht nur in Peking, auch in anderen Großstädten sind die jungen Leute wirklich mutig und verrückt angezogen. Das mag vielleicht nicht jedes Mal ästhetisch ansprechend sein, aber ich finde es einfach klasse, so vielseitige Kleidungsstile auf der Straße anzutreffen – man hat immer was zu gucken. Verrückte Klamotten spiegeln ja immer auch ein bisschen das Lebensgefühl am entsprechenden Ort wider – vielleicht nutzen die Menschen in China gerade diese Freiheit so sehr, weil es ihnen an anderen Freiheiten fehlt?
Sehr genial fand ich in China auch die Schlafanzüge für draußen, wie ich sie jetzt mal in Ermangelung eines besseren Wortes bezeichne: Dicke kuschelige Zweiteiler aus einer Art Nicki-Plüschtier-Stoff, für gewöhnlich mit großen kitschigen Hello Kitty- oder Bärchen-Mustern, oben als dicke Jacke zum Zuknöpfen, unten als flauschige Schlafanzughose. Bequem wie ein Schlafanzug, warm wie Klamotten für draußen – für mich, die ich oft große Teile des Tages am heimischen Schreibtisch verbringe, wäre das ideal. Damit könnte ich, ohne mich umzuziehen, zum Supermarkt gehen, und hey, so ganz generell: Wer hat, zumindest an kalten Wintermorgenden, noch nicht davon geträumt, den ganzen Tag in einem warmen Kuschelanzug zu verbringen?! Nur leider habe ich das Gefühl, dass Deutschland für solche Mode-Extravaganzen noch nicht ganz bereit ist. Schade!
5. Was für uns komisch ist, ist das auch für die Chinesen
Was mich überrascht hat: Auf Pekinger Nachtmärkten gibt es kulinarische Kuriositäten wie frittierte Seesterne, Heuschrecken, Maden oder Ähnliches. Doch wer denkt, dass die meisten Chinesen so etwas regelmäßig auf ihrem Speiseplan stehen haben, ist weit gefehlt: Diese Märkte sind speziell als Highlight für Touristen oder als spannender Abendausflug für die Menschen in Peking gedacht. Der Durchschnitts-Chinese hat in seinem Leben wohl auch noch nicht öfter Käfer oder Skorpion gegessen als der Durchschnitts-Deutsche.
6. In den U-Bahnen laufen Filme von Militärparaden
Dass China eine Diktatur ist, das kann man, wenn man in Deutschland lebt, auch mal vergessen. Schließlich ist einem China hier, von einigen traurigen Nachrichten in Bezug auf Ai Weiwei mal ausgenommen, eher als (kriselnde) Wirtschaftsmacht ein Thema. Wie stark man die Politik in China auch als Touristin im Alltag spürt, das hat mich doch überrascht – und auch schockiert. Sei es das Internet, das nicht nur gesperrt, sondern geradezu abgeriegelt ist, seien es die Bilder und Büsten von Mao, die einen immer wieder mal anblicken… Doch so richtig befremdlich fand ich die kleinen Bildschirme, die in der Pekinger U-Bahn hingen und auf jeder meiner Fahrten kontinuierlich Videos von Militärparaden abspielten. Pekinger Schlagkraft statt Berliner Fenster?!
(Stefanie von Pekingenten hat mich zum Glück noch darauf hingewiesen, dass nicht ständig Videos von Militärparaden laufen. Zu der Zeit liefen nur die Videos einer bestimmten Parade, die im September zum 70-jährigen Jubiläum zum Sieg gegen Japan veranstaltet worden war. Normalerweise laufen in der U-Bahn Cartoons und Videos mit Hinweisen, wie man sich verhalten soll.)
Auch als auf dem Tiananmen-Platz eine Truppe Militärs im Gleichschritt an mir vorbeilief, musste ich erst mal nach Luft schnappen. An so einem Ort, noch dazu, weil seine Geschichte in China nie aufgearbeitet worden ist, bekommt dieses Bild noch einmal eine ganz andere Bedeutung.
Dass China ein sozialistischer Staat ist, in dem die Regierung in allem mitmischt, sieht man außerdem in den eher provinzielleren Städten und Dörfern. Während riesige, pompöse Gebäude in Peking nicht überraschen, stand auch in Henan in jeder (für chinesische Verhältnisse) noch so kleinen Stadt ein riesiges Gebäude mit Parteilogo. Dass Städte sozusagen nicht „natürlich“ wachsen, sieht man an den für westliche Besucher beinahe seelenlos anmutenden Hochhausgiganten, die sich kurz vor den großen Städten oder irgendwo im Nichts in die Höhe recken. Diese Stein gewordene Gigantomanie wirkt umso abstruser neben der extremen Armut, in der viele Menschen auf dem Land noch leben.
Dazu passt vielleicht die Geschichte der chinesischen Geisterstadt Kangbashi: Aufgrund von Kohle- und Gasvorkommen in der Nähe wurde sie mit der Hoffnung auf ein „zweites Dubai“ aus dem Boden gestampft. 300.000 Menschen finden dort bereits Platz, es sollen einmal eine Million werden. Sogar eine Kunsthalle hat der Ort bereits. Das Problem? Die Hoffnung, dass die kaufkräftige Mittelschicht aus anderen Städten nach Kangbashi ziehen würde, wurde nicht erfüllt – heute leben dort nur die etwa 5.000 Verwaltungsangestellten der Stadt. Fotoserien zeigen Polizisten, die einsam auf einer Straße den nicht vorhandenen Verkehr regeln und Reinigungskräfte, die mit Schaufel und Besen auf menschenleeren Plätzen stehen. So etwas kann wohl nur in einem Staat passieren, der gleichzeitig sozialistisch und wirtschaftsausgerichtet ist.
7. Es gibt immer eine Laufrichtung
An unserem zweiten Tag in Peking hatten Eva, Stefan und ich vor, einen Abstecher zur Verbotenen Stadt zu machen. Unser Reiseleiter hatte uns eine Route empfohlen: Vom Tiananmen-Platz sollten wir einmal durch die Verbotene Stadt laufen, um dann den „Kohlehügel“ dahinter zu besteigen und den Ausblick zu genießen. Wir beschlossen aber, das Ganze in der Reihenfolge der Wichtigkeit anzugehen, und der Ausblick war für Fotos und Videoaufnahmen einfach entscheidender als der Platz des himmlischen Friedens. Blöd nur, dass wir auf dem Weg nach unten plötzlich vor verschlossenen Türen standen: Dem künstlichen Hügel zugewandt ist der Ausgang der Verbotenen Stadt, der Eingang liegt auf der anderen Seite. Und daran gibt es auch nichts zu rütteln. Auch in anderen Sehenswürdigkeiten gab es immer einen vom Ausgang getrennten Eingang und eine Laufrichtung über das ganze Gelände, selbst der Zugang zum riesigen Tiananmen-Platz war so geregelt. Dort hätten wir beinahe den Ausgang nicht mehr gefunden und mussten schließlich eine andere U-Bahn-Station ansteuern als geplant.
Einfach irgendwie von A nach B laufen, das ist bei den meisten chinesischen Sehenswürdigkeiten nicht drin. Selbst in der Natur gibt es normalerweise einen einzelnen Weg, von dem nur selten Optionen abzweigen. Kommt man an das Ende eines Weges, gibt es eine Bushaltestelle, wo man sich anstellt und schließlich zum Beginn des nächsten Weges gefahren wird. An diesen Bushaltestellen mit ihren riesigen Flächen zum Anstellen sieht man auch das Ausmaß des Tourismus in China, das solche festen Regeln vermutlich erst nötig macht – und das wir, da wir in der Nebensaison in Henan waren, zum Glück nicht mitbekamen.
8. Alles hat so wunderbar klingende Namen
Die Schlucht der Pfirsichblüte, die Himmelsstraße, der Teich des schwarzen Drachen… Ach! Abgesehen davon, dass die Natur Henans wunderschön ist, hat auch noch jede einzelne Besonderheit in ihr einen klangvollen Namen abbekommen. Woanders würden derart poetische Titel vielleicht albern wirken, hier passt es ganz wunderbar.
Man wünscht sich nur, man könnte Chinesisch – denn ich bin mir sicher, in der Originalversion klingen all die Namen noch einmal ganz anders. Gerade chinesische Namensgebungen, Gedichte und Sprüche lassen sich, glaube ich, schlecht übersetzen. Meinem Gefühl nach gibt es in China einen ganz anderen Umgang mit Sprache, es wird oft mehr Wert auf den Klang gelegt als auf die Bedeutung. So isst man in China zum Beispiel an Weihnachten Äpfel, weil das chinesische Wort für „Weihnachten“ so ähnlich klingt wie das für „Apfel“. Auch die Glücks- oder Pechzahlen sind ein Beispiel dafür: Während die Glücks- und Pechzahlen unseres Kulturkreises ihren Ruf ja aus religiösen Gründen abbekommen haben, sind in China die Zahlen 4, 7 und 10 negativ behaftet, weil sie ausgesprochen so ähnlich klingen wie die Wörter für „Tod“ bzw. „fortgehen“. Die 8 dagegen ist eine Glückszahl, weil das entsprechende Wort vom Klang her dem für „Reichtum“ ähnelt.
9. Vieles, was alt ist, ist gar nicht alt
Wer an China denkt, denkt vielleicht auch an die alte chinesische Kultur und die vielen Erfindungen, die bereits vor mehreren tausend Jahren hier gemacht wurden – Papier, Schießpulver, Keramik… Mehrere Jahrtausende liegen die ersten Zeugnisse der chinesischen Kultur zurück, China besitzt zudem die älteste Schrift der Welt, die heute noch in Gebrauch ist. Ich habe deshalb nie angezweifelt, dass all die alten Paläste und Tempel, die man aus China kennt, wie der Himmelstempel, ebenfalls seit hunderten, wenn nicht gar tausenden von Jahren in China stehen. Doch vieles von dem, was alt aussieht, ist gar nicht alt, sondern wurde vor wenigen Jahrzehnten wieder aufgebaut – so wie beispielsweise der Kaiserpalast von Kaifeng.
Gründe dafür gibt es viele: Da früher aus Holz gebaut wurde, fielen viele Gebäude Bränden zum Opfer. In Henan gab es auch den glücks-, aber gleichzeitig unglückbringenden Gelben Fluss, dessen Überschwemmungen den frühen Tod für viele Gebäude bedeuteten. Was noch stand, wurde in den zwei Japanisch-Chinesischen Kriegen zerstört oder fiel der Kulturrevolution in die Hände, die mit Zeugnissen von Religion und Kaiserherrschaft kurzen Prozess machte. Auch viele Buddha-Figuren wurden so zerstört, in den Longmen-Grotten bei Luoyang wurde zum Beispiel ein Großteil der Gesichter der vielen Buddha-Figuren abgeschlagen.
Wenn etwas Altes noch steht, dann ist das etwas Besonderes. So hat die „Eisenpagode“ in Kaifeng ihren Namen nicht nur aufgrund ihrer von Weitem grau erscheinenden Farbe erhalten, sondern auch, weil sie seit 1049 steht und in dieser Zeit mehrere Kriege, 38 Erdbeben und 6 Überschwemmungen unbeschadet überstanden hat.
10. Chinesische U-Bahn-Stationen und Bahnhöfe sind wie deutsche Flughäfen
Das hier fällt in die Kategorie: Habe ich zwar in Deutschland schon gehört, musste ich aber sehen, um es zu glauben. Sogar in der Pekinger U-Bahn muss man vor der Fahrt erst mal durch eine Sicherheitskontrolle, in der das Gepäck durchleuchtet wird. Insgesamt geht das erstaunlich schnell und hält einen vermutlich nicht einmal in der Rush Hour sonderlich auf – ob so flüchtige Kontrollen Sinn machen, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich habe mich in China oft gefragt, ob uns in Deutschland so etwas wohl auch bald in unseren Bahnhöfen und U-Bahn-Stationen erwartet.
Noch ein Fun Fact zum Thema Züge: Dominik hatte mir zwar schon erzählt, dass die chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge von deutschen Unternehmen gebaut wurden. Doch auch ohne diese Info hätte ich das sofort gewusst – chinesische Züge sehen dem deutschen ICE derart ähnlich und sind von der Struktur her so gleich aufgebaut, dass man sich sofort zurechtfindet und zum Beispiel nach den Toiletten nicht suchen muss. Nur der Wasserkocher für die Instant-Nudeln in jedem Wagen, das bleibt dann doch eine chinesische Besonderheit.
11. Ein Land, viele Völker
Rückblickend kommt es mir bescheuert vor und ich weiß gar nicht, warum, aber ich habe immer angenommen, China wäre, was die Bevölkerung angeht, recht homogen. So ein Quatsch! Eigentlich sollte es ja klar sein, dass sich in einem Land, was von der Mongolei bis zum Himalaya und vom Pazifik bis nach Kasachstan reicht, ganz viele verschiedene Völker tummeln, 56, um genau zu sein. In China werden ganz viele verschiedene Sprachen gesprochen, es gibt unterschiedliche Religionen und Bräuche, und immer wieder kommt es zu sozialen Spannungen deswegen. Auch die als „nationale Mehrheit“ definierte Ethnie der Han ist nicht so homogen, wie man annehmen würde, und auch das Mandarin-Chinesisch ist so starken regionalen Dialekten unterworfen, dass die Chinesen sich bei Sprechern aus anderen Landesteilen erst einmal „einhören“ müssen.
So weit, so klar. Doch was mich wirklich überrascht hat: In Kaifeng lebt sogar eine jüdische Gemeinde. Warum genau es dazu kam, dass sich hier Juden ansiedelten, ist unklar – wahrscheinlich kamen die ersten Juden vor langer Zeit als Händler auf der Seidenstraße nach China. Mit der Zeit glichen sich die Kaifenger Juden, die anfangs sehr auf die Bewahrung ihrer Religion und Identität bedacht waren, jedoch mehr und mehr den Han-Chinesen an. Heute leben wohl nur noch ein paar hundert Nachkommen der Kaifenger Juden, der letzte amtierende Rabbi starb bereits 1810. Die meisten von ihnen bekennen sich heute zu anderen Religionen, jüdische Überreste sucht man in Kaifeng vergeblich. Stattdessen finden sich im ehemaligen jüdischen Viertel viele Straßenschilder auf Arabisch – hier lebte nämlich über die Zeit auch eine muslimische Minderheit.
In China war ich auf Einladung von China Tours. Stefan, Eva und ich haben dort die Provinz Henan besucht. Noch nie was von Henan gehört? Dann wird es definitiv höchste Zeit! Die wunderschöne Provinz wartet nicht nur mit tollen Tempeln und Naturerlebnissen auf, sondern gilt auch als Wiege der chinesischen Zivilisation. Eva stellt auf ihrem Blog Henan ein bisschen ausführlicher vor und beschreibt, warum die Provinz definitiv eine Reise wert ist. Und wer die gleichen Orte besuchen möchte wie ich, der kann sich auf der Website von China Tours umsehen, wo auch eine spannende Rundreise durch Henan angeboten wird. |
Ich möchte jetzt auch sofort so eine Fahrrad-Wärme-Ausstattung 😉 Danke für die feinen Beobachtungen!
Dieses Durchleuchten des Gepäcks an jeder Ubahn-Station fand ich auch sehr gewöhnungsbedürftig. Ob das wirklich hilft oder eher nur Show ist?
Ich lerne gerade Chinesisch und hoffe bald für längere Zeit in China arbeiten zu können. Von daher habe ich deinen Blogbeitrag mit besonderem Interesse gelesen. Ich habe schon einige Bücher über China veschlungen, mein liebstes Buch ist „Zu Fuß durch China“. Dort liest man auch von den verschiedenen Facetten, die dieses Land, welches größentechnisch mit der EU zu vergleichen ist. zu bieten hat. Die beheizbaren Roller-Handschuhe ist echt zu geil. Aber typisch asiatischer Erfindungsreichtum. Wenns für mich nach China geht, hoffe ich, dass ich mir ganz viele verschiedene Orte ansehen kann, vorallem viel Natur.
Frohe Ostern!
LG Myriam
was für interessante Reiseanekdoten! Der Wasserkocher im Zug klingt so unvorstellbar wie die atemberaubende Natur, die du in deinen Bildern so gut eingefangen hast. Ich bin ja ein bisschen neidisch auf die Erfahrungen, die du gemacht hast. Hoffentlich wird mir eines Tages auch eine solche Reise angeboten.
ahoi!
Hallo,
interessante Aufstellung! Es ist gut, auch mal zu sehen und zu lesen von jemandem, der noch nicht so oft in China war. Manches, was mir durch meine häufigen Reisen nach China selbstverständlich ist, ist eben gar nicht so selbstverständlich.
Zu Punkt 7: Das mit der Laufrichtung in der Verbotenen Stadt ist eine Regelung, die erst ein paar Jahre alt ist. Solche Regelungen dienen dazu, die immensen Touristenströme nicht in Chaos ausarten zu lassen. Nur so entsteht kein allzu großes Gedränge und jeder hat die Chance, möglichst viel zu sehen.
Beste Grüße
Ulrike
Hallo! Deine Betrachtungen über China waren sehr interessant! Ich war einige Wochen ganz allein in China unterwegs, und zwar auch abseits der touristischen Routen. Das war wirklich eine Herausforderung und ich habe sehr kuriose bis abenteuerliche Erlebnisse gehabt. War aber schon ein paar Jahre her. Vielleicht schreibe ich auch mal darüber auf meinem Blog.
LG Amely