Gastartikel: Wie eine Begegnung dein Leben verändern kann

Der heutige Artikel stammt einmal nicht von mir, sondern von Wibke Akosua von Sonnenstrahlenmomente. Sie schreibt auf ihrem Blog über das Reisen im Allgemeinen und Ghana im Speziellen, denn dieses Land fasziniert sie auch nach vielen Reisen und Aufenthalten immer noch. Und ich finde es schön, wenn Menschen von einem Land fasziniert sind und immer wieder dorthin zurück möchten – so wie ich von Peru. Deshalb freue ich mich sehr, Wibke hier zu Gast zu haben! Für dich hat sie eine Geschichte aus ihrem Lieblingsland im Gepäck – über kleine Momente, die dennoch das Leben verändern können. 

Viele Geschichten beginnen mit „es war einmal“, während meine Geschichte mit der Erkenntnis beginnt, dass ein einziger kleiner Moment dein ganzes Leben verändern kann.

Warum man auf Reisen geht hat ganz unterschiedliche Gründe. Da gibt es diejenigen, die sich vom stressigen Arbeitsalltag erholen möchten, sich den ganzen Tag faul am Strand in der Sonne räkeln und dann gut erholt wieder in ihren alten Alltagstrott zurückkehren. Und dann gibt es Menschen, solche wie du und ich, die in ferne Länder reisen, um zu sich selbst zu finden. Menschen, die an einem Punkt in ihrem Leben angekommen sind, an dem klar ist, dass sie etwas verändern müssen oder wollen und das es genau so, wie es gerade ist, nicht weiter gehen kann. Die Abstand brauchen vom Alltäglichen, von der Routine und die vielleicht einfach Antworten auf einige Fragen suchen, die ihnen schon lange im Kopf herum geistern.

Eine echte Begegnung kann in einem einzigen Augenblick geschehen. Anais Nin

Gerade auf Reisen passiert es oft, dass du diesen einen Moment erlebst. Diesen einen Moment, der dich in deinem Sein und deinen Manifesten komplett verändert. Oft merkst du erst, dass genau das dieser spezielle Moment war, wenn er schon längst vorüber ist. Solche Dinge passieren, aber sie passieren leise. Leise und unscheinbar. Wie es passiert weißt du vorher nicht. Es kann ein Satz sein, eine kurze Begegnung, ein freundliches Lächeln oder ein ruhiger Augenblick, an dem du auf einem kleinen Felsen direkt am Meer sitzt, den Horizont betrachtest, dem Rauschen der Wellen zuhörst und plötzlich weißt: Ab jetzt wird alles anders werden. Ab jetzt werde ich ein anderer Mensch sein. Diese unscheinbar kleinen, leisen Momente können eine solche Kraft entwickeln, dass es fast beängstigend sein kann, denn durch diese paar Sekunden oder Minuten, die dieser Augenblick dauert, veränderst du dich vollkommen. Du siehst wieder klar und weißt genau, wie es von nun an weiter geht.

Ich glaube an das Schicksal und ich glaube auch daran, dass alles vorherbestimmt ist und einen Sinn hat, selbst wenn er einem nicht immer gleich ganz klar war. Auch wenn ich es damals noch nicht wusste, glaube ich daran, dass meine erste Reise nach Ghana vorherbestimmt war. Dass ich früher oder später sowieso dort gelandet wäre und all die Erfahrungen und Begegnungen, die mir dieses Land und seine Menschen schenkten, brauchte, um meinen Platz in dieser Welt zu finden.

Die Begegnungen, die wir machen, sind es, die uns ausmachen. Sie führen zu Beziehungen zwischen zwei Menschen. Manche halten ewig, andere nur ein kurzes Stück des Weges, der sich Leben nennt.

Ich bin sicher, dass jeder von uns eine solche Begegnung hatte oder noch haben wird. Wie genau sie aussehen wird vermag ich nicht zu sagen, aber wenn dieser Augenblick gekommen ist, wirst du es spüren.

Mein Moment liegt nun 7 Jahre zurück. 7 Jahre sind eine lange Zeit, es sind neue Begegnungen dazu gekommen, die mich ebenfalls geprägt haben, aber keine hat sich so in mir eingebrannt wie diese.

Damals arbeitete ich an einer staatlichen Schule in Accra. Schon vom ersten Tag an war da dieses kleine Mädchen, das mich mit ihren großen, braunen Kulleraugen beobachtete und schüchtern anschaute. Sagte ich etwas zu ihr oder schenkte ihr ein Lächeln, lächelte sie nur scheu zurück. So ging es Tag um Tag. Jeden Morgen, wenn ich kam, begrüßte ich sie und sie lächelte kurz, nur um mich dann den Rest des Tages zu beobachten. Jeden Tag das gleiche Spiel. Bis dieser eine Freitag kam. Der Tag, an dem ich zu dem Menschen wurde, der ich heute bin. Der Morgen verlief wie jeder andere auch. Die Kleine lächelte scheu und sagte den Rest des Morgens kein Wort. Nach dem Mittagessen, es gab wie immer Reis mit Stew und ein bisschen Fisch, saß ich auf den Treppenstufen, die ins Klassenzimmer führten und hing meinen Gedanken nach, als sich das kleine Mädchen neben mich setzte. Sie stellte ihre Schüssel vorsichtig auf den Boden, so als könnte sie kaputt gehen, wenn sie nicht richtig aufpasste, lächelte und nahm meine Hand. Ich wusste, dass sie kaum Englisch verstand und konnte zu dem Zeitpunkt auch nur einige wenige Wörter auf Twi, eine der Landessprachen in Ghana, wollte aber dennoch ein Gespräch mit ihr anfangen. Wieder blieb sie stumm und lächelte nur. Irgendwann gab ich es auf und so saßen wir, während um uns herum die Kinder spielten, einfach still auf der Treppe. Ihre kleine Hand in meiner schauten wir den anderen Kindern zu und ich wusste, dass genau das der Moment war, der mich grundlegend veränderte.

Dieser kurze Moment dauerte vielleicht höchstens 5 Minuten, obwohl es mir viel länger vorkam. 5 Minuten, die so unscheinbar waren, dass ich sie wohl wieder vergessen hätte, wenn sie nicht so besonders gewesen wären.

Noch heute denke ich oft daran und bei meinen nächsten Reisen nach Accra besuchte ich die Schule, um das kleine Mädchen wieder zu sehen, fand sie aber nicht mehr. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, ihr einfach danke zu sagen und mich zu vergewissern, dass es ihr gut ging. Aber so spielt das Leben manchmal. Manche Begegnungen sind nicht dafür bestimmt, dass sie wiederholt werden. Und genau das sind die Begegnungen, die das Leben ausmachen, die uns ausmachen.

Kennst du auch einen solchen Moment? Erzähl mir davon in den Kommentaren!

3 Gedanken zu “Gastartikel: Wie eine Begegnung dein Leben verändern kann”

  1. Eine sehr berührende Geschichte, vor allem, weil sie eigentlich ohne einen richtigen Dialog auskommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass es Momente im Leben gibt, die einen tief berühren und viel bewegen. Bei mir gab es ein paar solcher Momente in Asien als ich mich plötzlich auf einem Vulkan oder auf einer kleinen Insel wiederfand und von der Natur ziemlich überwältigt war. Aber auch zwischenmenschlich kenne ich solche Erfahrungen. Ich stimme dir voll und ganz zu, dass sie einen nachhaltig ändern können, sodass man Jahre später (wie bei dir) immer noch daran denkt.
    GLG Charlotte

    1. Danke dir, Charlotte. Es freut mich, dass dich meine Geschichte so berührt hat.
      Deine Momente in Asien waren sicher auch schöne Momente, die du nicht wieder vergessen wirst. Schön, dass du sie hier angesprochen hast.

      Ariane, danke dir auch hier nochmals, dass ich den Artikel für Heldenwetter schreiben durfte.

      GLG Wibke

  2. Danke für deine zarte, tiefe, authentische Begegnung mit diesem Mädchen und das du diese teilst. Ich sitze in meinen Airbnb Zimmer auf Hawai in Kailua-Kona und mein Herz ist bewegt. Bewegt worden von einem ganz besonderen Menschen. Ich bin seit etwas über einer Woche hier und reise und reise in vier Tagen wieder ab. Vor meinem Urlaub habe ich meine wichtigen Dokumente wie Ausweis, Führerschein ect. verlegt-verloren. Alles Suchen half nicht. Ich wusste das es dafür einen Grund gibt. Für irgendetwas war es gut. Und genauso ist es. Nun weiß ich es!!!!! Ich kann hier in Kona kein Mietwagen miten ohne Führerschein, ärgerlich? Nein. Denn ich hatte schon viele schöne und bewegende Momente der Begegnung. Mit Taxifahrerinnen und Einheimischen, am Strand und unterwegs. Doch keine hat mich so bewegt wie die Begegnung mit Dakota. Vor einigen Tagen habe ich an der Bushaltestelle angestanden ( spreche kaum english, mehr schlecht als recht ) und da war sie. Sie hat mich angesprochen auf englisch. Dakota 19 Jahre jünger als ich, jungenhaft, lebendig,offen, lebensfroh, entzückend. Es war auf einmal alles leicht- die Verständigung irgendwie einfach, fließend, fröhlich und offen wertschätzend. Da ist irgendetwas passiert was mich einfach nicht mehr loslässt. Es war nur eine halbe Stunde und ich wünsche mir sie wäre nicht so schnell umgewesen. Ihre Augen voller Funken und ihr ganzes Wesen bezaubernd. Ich bin zutiefst bewegt und dankbar für diese Begegnung. Mit Mietwagen hätte ich nicht am Magic Sands Beach an der Bushaltestelle gestanden. Danke Dokumente :))).

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