In Deutschland muss ich über Religion nicht diskutieren. Meine Freunde denken wie ich oder zumindest so ähnlich, sind vielleicht getauft und gar konfirmiert, waren aber zuletzt bei der Hochzeit der Cousine oder mit der Schulklasse in einem Gottesdienst. Die Kirche ist ein schwieriger Verein, denken wir, sie mag vielleicht Menschen Trost spenden, aber gleichzeitig ist sie eine Brutstätte für Machismen, seltsame Hierarchien und schlimme Dinge, die sich daraus ergeben. Meine Freunde, sie sind vielleicht gläubig, aber die meisten im Sinne von „Ich glaube an etwas, das da ist, nicht an eine Institution“, einige sind aus der Religion ausgetreten, der sie durch ihre Eltern angehörten, und diejenigen, die in Ostdeutschland aufgewachsen sind, wissen nicht einmal, warum der Pfingstmontag ein Feiertag ist.
Kurz gesagt: In Deutschland werde ich höchstens vom Finanzamt gefragt, welcher Religion ich angehöre. Glaube, oder in meinem Fall Nichtglaube, spielt absolut keine Rolle in meinem Leben. Meine Meinung zum Thema Religion kann ich so simpel halten, weil ich mich seit Jahren nicht mehr damit auseinandersetzen musste: Ich glaube höchstens an das Gute im Menschen, alle anderen können glauben, was sie wollen, solange sie damit niemandem Schaden zufügen.
Ganz anders ist das hier in Südamerika. Auf die eine oder andere Weise dringt die Religion hier in so viele Bereiche des Alltags ein, dass man auf einmal gezwungen ist, sich tiefer mit ihr auseinanderzusetzen. Eine kleine Suche nach Antworten – und eine große Verwirrung. Weiterlesen →