Da bin ich nun, in Quito, Ecuador. Der Jetlag hat mich noch ganz schön im Griff und wirft mich jeden Tag pünktlich um sechs aus den Federn – halb Fluch, halb Segen, schließlich will die Andenstadt erkundet werden.
In einer Stadt anzukommen, von der man weiß, dass man mehrere Monate dort verbringen wird, ist ein merkwürdiges Gefühl zwischen Vorfreude und Aufschieben. Muss ich meine Kamera mitnehmen, wenn wir heute in die Altstadt fahren? Ach, nein, ich komme ja nochmal wieder, mit mehr Ruhe und Zeit. Anstatt nach Öffnungszeiten von Museen und Adressen von Restaurants google ich nach dem für mich praktischsten Bankautomaten. Was ich von der Stadt sehen will, welche Orte spannend sind und welche Ausstellungen interessant, weiß ich nicht, aber dafür besitze ich schon eine Rabattkarte für den Supermarkt um die Ecke und eine ecuadorianische Handynummer. Ich speichere mir im Kopf Orte ab und bin froh, dass ich sie jetzt noch nicht nutzen muss, mit Jetlag-Kopfschmerzen und überfordert von all den Eindrücken, und doch ärgere ich mich darüber, denn wer weiß, wann ich wieder dort vorbeikomme?
Ankommen, sortieren, ausschlafen. Erleben kommt später.
Aber gesammelt hab ich schon mal, und zwar Geschichten von anderen Reisenden. Und da ich ja selbst 2011 schon einmal in Ecuador war, hab ich auch noch eine Geschichte von mir dazugepackt. Viel Spaß beim Lesen!
Abenteuer Regenwald Als ich 2011 in Ecuador war, musste ich feststellen, dass Dschungel-Städte wenig spannend sind. Genauso wie gebuchte Touren. Die Lösung? Einmal auf eigene Faust Richtung Regenwald. Der Plan? Inexistent.
Regenwald – das klingt mystisch, oder? Und ja, selbstverständlich, den Regenwald einmal mit eigenen Augen zu sehen, das ist eine Erfahrung, die man nie vergisst. Doch wer bei Regenwaldstädten an hübsche Häuschen inmitten bunter Natur denkt, der liegt meilenweit daneben.
Puyo in der ecuadorianischen Region Pastaza ist so eine Stadt. Nicht schön, aber selten: Betonbauten mit Wellblechdach, Stromkabelwirrwarr, vom vielen Regen matschige Wege prägen das Stadtbild. Mehrere Kilometer um die Stadt herum gibt es keinen Urwald mehr, Haupteinnahmequelle ist der Holzabbau. Und dazu der Regen, jeden Nachmittag. Hier im Hochregenwald ist er um diese Jahreszeit alles andere als eine willkommene Abkühlung. Ich komme kaum noch aus dem Frieren heraus.
So langsam etabliert sich der Tourismus in Pastaza, es gibt Backpacker-Hostels und vor allem einen Touranbieter neben dem anderen. Verkaufen tun sie alle das Gleiche, ein bisschen durch den Regenwald laufen, Pirañas fangen, Vögel und Affen beobachten und am Ende eine Zirkusaufführung in einem indigenen Dorf. Vor allem auf Letzteres habe ich keine Lust, und eigentlich sind mir die Touren auch zu teuer. Also muss eine Alternative her. Ich kaufe ein bisschen Obst und Gemüse und erkundige mich nebenbei in den Läden nach einer Möglichkeit, auf eigene Faust in Richtung Regenwald zu fahren. Eine halbe Stunde später sitze ich in einem Bus nach Canelos, einer Kichwa-Gemeinde südöstlich von Puyo.
Canelos, ruft der Fahrer, und ich stehe auf einem Weg aus dem regenwaldtypischen roten Lehm. Was habe ich eigentlich erwartet? Indigene Dorfbewohner, die mich von der Bushaltestelle abholen und durch ihr Dorf führen? Ich folge den anderen, die ausgestiegen sind, und steige auf die Ladefläche eines Pick-ups. Wir brettern durch Schlaglöcher und über kleine Hügel, irgendwann fängt es natürlich an zu regnen, so stark, dass ich innerhalb von Minuten bis auf die Unterwäsche durchnässt bin. Mit dem Auto kämpfen wir uns durch Pfützen, die so tief sind, dass die Räder ganz darin verschwinden. Und dann – Ankunft. Im Nichts. Ein paar Holzhäuser am Rande eines Flusses, ein paar Floße am Ufer.
Weiter geht es nicht, er fährt nun wieder zurück, meint der Fahrer. Nun gut, ich dann auch, wenigstens darf ich diesmal im Auto Platz nehmen und ein bisschen trocknen. Ich frage den Fahrer nach dem Anhänger an seinem Schlüssel, einem Stück Pelz. Es ist ein Teil des Schwanzes eines Jaguars, der vor einiger Zeit ins Heimatdorf des jungen Mannes kam. Die Männer, die ihn erlegten, hoben als Beweis ihrer Heldentat jeder ein Stück auf. Der Jaguar, eine leise Bedrohung, ein Einzelgänger, den man selten zu Gesicht bekommt. Durch die Zerstörung des Regenwaldes dringen jedoch immer mehr Jaguare in Dörfer ein und reißen Vieh – woraufhin die Dorfbewohner meist kurzen Prozess mit den Tieren machen.
Als wir wieder in Canelos ankommen, scheint die Sonne. Der Fahrer empfiehlt mir noch ein kleines Restaurant, eine mit großen Blättern gedeckte Hütte, in der frischer Fisch aus dem Fluss in Bananenblätter eingewickelt gegrillt wird. Ich glaube, ich habe in meinem Leben selten etwas so Gutes gegessen.
Gegenüber von der Bushaltestelle liegt der kleine Platz, um den herum sich das Leben in Canelos abspielt. Eine große weiße Kirche überthront die kleinen runden Hütten ringsum. Auf dem Platz haben sich bereits jede Menge Menschen versammelt. Es wird in großen Töpfen gerührt, einige Männer spielen Musik. Ich bin mitten in einem kleinen Fest gelandet. Nach und nach wird es voller, rund um den Platz sitzen die Besucher aus den Nachbardörfern, in der Mitte bereiten einige Einwohner von Canelos Essen und Chicha, Maisbier, vor. Ich frage, ob ich etwas probieren darf, und ernte erst einmal verständnislose Blicke, es dauert, jemanden zu finden, der neben der indigenen Sprache Kichwa auch Spanisch spricht. Zuerst dürfen die Leute essen, die bei der Vorbereitung des Festes geholfen haben, dann die anderen Dorfeinwohner, zum Schluss die Besucher. Das klingt fair. Ich laufe ein wenig am Rand des Platzes entlang, beobachte das Treiben.
Plötzlich ein klatschendes Geräusch mitten auf dem Platz: Eine Frau hat eine Portion Maisbrei mitten ins Gesicht bekommen. Sie lacht, und innerhalb von Minuten hat sich der Platz vor der Kirche in ein Schlachtfeld verwandelt. Die Menschen bewerfen sich gegenseitig mit dem Essen, das sie gerade vorbereitet haben, stülpen ihrem Nebenmann ganze Schüsseln voller Chicha über den Kopf, es geht Frauen gegen Männer, Männer gegen Frauen, und eigentlich jeder gegen jeden. Gelächter übertönt die Musik, der ganze Platz ein Wirbelwind aus Farben und strengen Essensgerüchen. Ich kann nicht anders als staunen, und wie ich da so stehe und gucke, lässt es sich eine junge Frau nicht nehmen und ich bekomme ebenfalls einen Löffel Maisbrei ab.
Ein wenig später wasche ich mir am Ufer des breiten, trägen und braunen Río Bobonaza Breireste aus den Haaren, und als ich zurück im Bus nach Puyo sitze, kann ich nicht so recht glauben, in was ich da eigentlich hineingeraten bin. Völlig ohne Plan, mit wenig Aussicht auf Erfolg, und dann so ein Glück, so ein Erlebnis. Das wird mir daheim keiner glauben, denke ich, und als mir ein paar Tage später meine Kamera samt Speicherkarte geklaut wird, muss ich fast darüber lachen. Zumindest kann mir keiner die Erinnerung nehmen.
Amandine&Amandine Gregório von Sabbaticalism weiß, wie man auf Reisen am besten Freunde findet: Man muss einfach immer Ja sagen! Also ab zum Canopying und zu einer Schmetterlingsfarm.
Insgesamt drei Wochen war ich in Ecuador und wollte in dieser Zeit auf jeden Fall auch noch auf die Galapagos-Inseln. Es gab nur ein Problem. Ich war allein unterwegs, wollte aber dort keine Selfies mit Seelöwen schießen müssen. So eine einmalige Erfahrung will man schließlich mit besonderen Menschen teilen und in traumhaften Fotos festhalten. Vor meinem Flug auf die Inseln hatte ich ein paar Tage Zeit, Reisefreunde in Ecuador zu finden.
auf dem Weg von Quito nach Mindo,
Vor mir im Bus sitzen zwei Französinnen – Amandine und Amandine. (Witzig, oder?) Im Gegensatz zu mir haben sie das Problem, zu zweit zu sein. Das Ansprechen von fremden Leuten wird schwieriger, je größer die Gruppe ist. Ich bin als Alleinreisender nach über zwei Monaten Sabbatical in Südamerika inzwischen ganz gut darin, “Fremde” anzusprechen. “In welches Hostel geht ihr?” (Merke: Es ist nicht so wichtig, was du fragst, sondern dass du etwas fragst und dabei irgendwie freundlich bist. Und nicht gleich zu witzig sein wollen!). Natürlich werden wir in das gleiche Hostel gehen. Und da man schon zusammen wohnt, bietet es sich an, auch mal gemeinsam zu überlegen, welche Freizeitaktivitäten man hier so machen kann. Mindo hat da einiges zu bieten. Man kann einem Froschkonzert lauschen, eine Schmetterlingsfarm besuchen oder eine dieser Aktiv-Aktivitäten mitmachen wie “Abseiling” oder “Canopying”. Wir entscheiden uns für Canopying. Dabei sind Stahlseile über tiefe Schluchten gespannt. Gemeinsam mit einem Guide wird man an diesem Seil angeschnallt und gleitet dann durch die Luft von einer Seite zur anderen. So ein bisschen wie “Paragliding mit Drahtseil”. Und da das eventuell noch nicht genug Adrenalin freisetzen könnte, kann man dabei auch noch lustige Posen machen. Den “Superman” zum Beispiel oder den “Schmetterling”. Und ich hätte dir, lieber Heldenwetter-Leser, jetzt auch sehr gern ein Video von meinem waghalsigen Stunt gezeigt, aber es passierte leider etwas, was auch immer wieder auf Reisen passiert.
am Tag darauf in einer Schmetterlingsfarm,
Leider habe ich die beiden Amandinen nicht davon überzeugen können, mich auf die Galapagos-Inseln zu begleiten. “Galapagos machen wir irgendwann mal später”, hatten sie gemeint. Dabei wäre es, mal abgesehen von dem Fakt, dass wir uns wirklich gut verstehen, auch noch praktisch gewesen. Denn die beiden fotografieren mit einer richtigen Spiegelreflex-Kamera, während ich eher so der Smartphone-Schnappschießer bin. Nachdem wir uns ein paar Schmetterlinge angesehen haben, heißt es also schon wieder Abschied nehmen. “War sehr lustig mit euch. Bin schon total gespannt auf die Fotos und die Videos, die ihr gestern bei dem Canopying-Trip gemacht habt.” “Fanden wir auch. Wir schicken dir das zu, sobald wir wieder in Frankreich sind.” Von wegen … (Merke: Langzeitreisende verschicken später keine Fotos und Videos.)
Letztlich bleiben mir von meiner Bekanntschaft mit den beiden Amandinen nur ein erwartungsvoller Schnappschuss vor ihrem Sprung in die Tiefe und ein paar selbstgeschossene Schmetterlingsbilder.
* Wie ich trotzdem zu wunderschönen Fotos mit Seelöwen auf Galapagos kam, kannst du lieber Heldenwetter-Fan gern auf meinem Reiseblog Sabbaticalism nachlesen. Dein Gregório Jones
Der Autor | |
Als sich die Gelegenheit ergibt, für ein halbes Jahr eine Auszeit zu nehmen und durch Südamerika zu reisen, wird aus Gregor T. der abenteuerlustige Reiseschriftsteller Gregório Jones, der auf Sabbaticalism von Erfahrungen und Begegnungen berichtet. Weil für ihn das Beste am Reisen die Menschen sind, die man kennen lernt, sammelt er zudem fotografisch Lächeln aus der ganzen Welt. |
Im Zweifel legst du einfach eine Kokosnuss drunter! Auf südamerikanischen Märkten gibt es nichts, was es nicht gibt. Zum Beispiel auch spontane ungewöhnliche Reparaturaktionen. Gundel von Thoringi berichtet.
Bei meiner Reise durch Ecuador hat mir Cuenca als Stadt am besten gefallen. Das mag an der wunderschönen Architektur liegen, die das Stadtbild im Zentrum prägt oder an den vielen gemütlichen Cafés, in denen ich einige Zeit verbracht habe. Aber wahrscheinlich ist es ein Nachmittag auf dem Markt von Cuenca, an dem ich die Stadt in mein Herz geschlossen habe.
Ich habe mit meiner Reisebegleitung einen sonnigen Nachmittag auf dem Markt verbracht, wir haben uns von Obst-Stand zu Obst-Stand gefuttert und die riesen Auswahl an frischen Blumen bewundert. Mir haben es vor allem die lustigen gehäkelten Fingerpuppen angetan, die an fast allen Souvenierständen verkauft werden. Also musste ich natürlich einige kaufen. Und so saßen drei Deutsche Mädels auf dem Platz vor der Kirche von Cuenca und spielten mit bunten Fingerpuppen. Dabei haben wir die Aufmerksamkeit einer jungen Familie erregt, die Kinder konnten die Augen gar nicht von unseren Puppen lassen. Nachdem sie uns einige Minuten beim Rum-Blödeln beobachtet haben, sind sie mutiger geworden und näher gekommen. Während die Mutter langsam ungeduldig wurde, haben die Kinder uns mit wachsender Faszination zugeschaut. Als wir ihnen die Puppen dann geschenkt haben, waren sie so glücklich und ausgelassen – das war einfach ein toller Moment.
Nur wenige Minuten – wir saßen noch an Ort und Stelle – hat uns ein kleiner Zwischenfall die tolle Mentalität der Ecuadorianer verdeutlicht. Eine alte Frau fuhr mit ihrem überladenen Handkarren über den Marktplatz, als ein Rad brach. Während sie verzweifelt versuchte den wackeligen Karren zu halten, griff ein nebenstehender Händler eine Kokosnuss von seinem Wagen und klemmte sie unter den kaputten Wagen der alten Frau. Wagen stabilisiert – Problem gelöst. Ganz einfach und unkompliziert. Seitdem hat sich bei uns der geflügelte Spruch eingebürgert: Im Zweifel legst du einfach eine Kokosnuss drunter!
Die Autorin | |
Gundel treibt es von Thüringen aus immer wieder in die weite Welt. Am liebsten wandert sie einfach drauflos und erkundet ungewöhnliche Orte, von denen sie später auf Thoringi berichtet. In Ecuador hat sie einen ganzen Monat verbracht und die verschiedenen Klimazonen des Landes kennen gelernt. Gerade ist sie übrigens in Südostasien unterwegs. |
Die Anden: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts So schwer kann es ja nicht sein, in einem Land, das zu einem Drittel aus Gebirge besteht, Berge zu sehen. Oder? 'Ausreißerin' Nicole berichtet.
Das kleine Ecuador ist eines der vielfältigsten Länder der Erde, daher wollte ich bei unserer Rundreise auch möglichst viele Facetten des Landes erkunden. Auf meiner Wunschliste standen der Regenwald, Nebelwald, Páramo, die abgelegenen Galápagos-Inseln sowie natürlich die Anden mit ihren berühmten Vulkanen. Gerade Letzteres sollte ja wohl überhaupt kein Problem sein, macht die „Sierra“ doch knapp ein Drittel der Landesfläche Ecuadors aus. Denkste!
Immerhin haben wir alles, aber wirklich ALLES versucht. Zuerst besuchten wir vier Tage lang das Otavalo-Tal, wo wir die berühmte Cuicocha-Lagune umwandert und den 4.263 m hohen Vulkan Fuya Fuya bestiegen haben. 550 Höhenmeter auf 2 km Wegstrecke, und das bei der ungewohnt dünnen Höhenluft – puh! Oben angekommen wurden wir mit einem herrlichen Rundumblick auf Wolken und Nebelschwaden belohnt. Grrr. Als nächstes traten wir mit dem „Condor Trek“ eine 5-tägige Wanderung an, die uns traumhafte Ausblicke auf die fast 6.000 m hohen Vulkane Antisana, Cayambe und Cotopaxi eröffnen sollte. Gleich auf der ersten Etappe wurde Jan allerdings von einem fiesen Magen-Darm-Virus inklusive hohem Fieber danieder gerafft. Trotz inflationären Gebrauchs von Immodium Akut und Paracetamol ging es ihm am zweiten Tag keinen Deut besser, so dass ein Fortsetzen der Tour leider ein Ding der Unmöglichkeit war. Mein einziger Trost ist, dass wir die Vulkane ohnehin nicht zu Gesicht bekommen hätten, denn obwohl wir zur Trockenzeit unterwegs waren, versanken wir bis zu den Knöcheln im regendurchtränkten Boden, während die Andenlandschaft still und sanft in eine Nebel- und Wolkendecke gehüllt war. Diesen hübschen grauen Schleier konnten wir auch bei unserer Weiterfahrt von Quito nach Riobamba auf der berühmten „Straße der Vulkane“ bewundern: Vier Stunden Busfahrt, null Vulkane.
Als Ersatz für die abgebrochene Trekkingtour quetschten wir spontan noch einen Tagesausflug zum Cotopaxi (5.897 m) ins Programm. Per Kleinbus wurden wir zum Parkplatz auf etwa 4.600 m Höhe gebracht, von wo aus wir ächzend und schnaufend gute 200 Höhenmeter bis zur Schutzhütte José Ribas aufgestiegen sind – natürlich bei Schneefall und dicker Wolkendecke. Etwas Trost spendete uns ein Andenfuchs, der uns einige Meter begleitete. Zurück am Parkplatz schwangen wir uns auf unsere Mountainbikes und düsten gute 800 Höhenmeter rasant bergab zur Limpiopungo-Lagune. Etwa auf halben Weg gab der graue Wolkenvorhang den Blick nach unten auf die weite Páramo-Landschaft frei. Ich muss zugeben, dass dieser Anblick seinen ganz eigenen Charme hatte, auch wenn ich immer noch etwas traurig bin, den majestätischen Cotopaxi zwar (teil-)bestiegen, aber nicht gesehen zu haben.
Die Autorin | |
Nicole liebt das Reisen, aber alles zu Hause stehen und liegen lassen und aussteigen? Das ist nicht ihr Ding. Deshalb reißt sie immer mal wieder aus dem Alltag aus – für Individualreisen, Roadtrips oder Outdoor-Touren. Auf Ausreißerin erzählt sie von ihren Eindrücken und Erlebnissen, von kuriosen Begegnungen, aber auch von Pannen und Hindernissen. |
Auf dem Quilotoa-Loop: Pujilís bunter Sonntagsmarkt In der Kleinstadt Pujilí ist normalerweise nicht viel los. Doch sonntags verwandelt sich der Ort in einen bunten Ameisenhaufen. Was es am Markttag dort zu sehen gibt, erzählen Morten und Rochssare
Es ist bitter kalt, als wir uns gegen fünf Uhr morgens aus unseren Schlafsäcken schälen. Noch bevor die Sonne ihre ersten Strahlen auf die Erde schickt, verlassen wir unser Refugio. Das Dunkel der Nacht wird lediglich von ein paar schwach leuchtenden Straßenlaternen durchbrochen. Irgendwo kräht ein Hahn. Die morgendliche Kälte zieht durch unsere Kleidung.
Wir sind im geografischen Herzen Ecuadors, im Hochland. Umgeben von Bergdörfern, weiten Wiesen und verlassenen Feldwegen. Dort, wo sich das Land am authentischsten präsentiert, liegt eine der beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten des Andenstaates.
Der Quilotoa-Loop, eine Schleife um den Kratersee Quilotoa, verbindet andine Welten, traditionelle Lebensweisen und spektakuläre Landschaften miteinander. Unbefestigte Straßen führen zu kleinen Dörfern und Gemeinden, Wanderwege laden zu Spaziergängen in den Bergen ein und über allem schwebt die angenehme Atmosphäre der Abgeschiedenheit – ausgeklinkt aus einer fernen, rasanten Welt. Handysignal – Fehlanzeige.
Obwohl als absolutes Highlight bekannt, verschlägt es nur wenige Touristen in die Gegend. Das liegt vor allem an den unzureichenden Transportmöglichkeiten – öffentlichen Verkehr gibt es in dieser schwach besiedelten Gegend so gut wie gar nicht. So sind auch wir an diesem frühen, eisigen Morgen die einzigen Gestalten, die sich durch die Straßen Pujilís schlagen.
Doch wir bleiben nicht lange allein.
Zwei Fahrstunden südlich von Quito befindet sich das kleine andine Städtchen Pujilí. Wer den Ort zwischen Montag und Samstag besucht, wird sich weder lange aufhalten, noch nachhaltig daran erinnern. Ganz anders der Sonntagsgast. Ihm erscheint Pujilí wie ein bunter Ameisenhaufen.
Auf dem großen Platz hinter dem Busterminal wimmelt es nur so vor geschäftigen Menschen, denn am Sonntag ist Markttag. Die Stadt beginnt zu leben. Aus den zahlreichen umliegenden Bergdörfern ziehen die Bauern bis ins Zentrum Pujilís. Sie bringen Obst und Gemüse, Backwaren, traditionelles Kunsthandwerk, Wolle und Leinen zum Verkauf mit sich.
Auf langen Tischen stapelt sich alles, was in der fruchtbaren, andinen Erde zu wachsen vermag. Salat- und Kohlköpfe, Kartoffeln, Tomaten, Karotten, Gurken, Yuka, Zwiebeln, Bohnen, Erdbeeren, Brombeeren, Birnen und Äpfel. Von der Pazifikküste kommen Papayas, Bananen, Ananas, Mandarinen, Limetten und Melonen.
Unter riesigen Dächern, die die Verkäufer und ihre Stände vor den Unwägbarkeiten des Wetters schützen, türmen sich Lebensmittelberge aller ersten Güte. Dazu gesellen sich Säcke voller Reis, Pasta, Getreide und Maiskörner. Mehl und Zucker formen pudrige Gebirge auf langgestreckten Theken.
Dahinter brennen offene Feuer. Die Marktküchen rauchen gemütlich vor sich hin. In gigantischen Töpfen blubbern Suppen und Soßen, Reis wird kiloweise zubereitet und Fleisch schmort in überdimensionalen Pfannen. Ringsherum sitzen die Hungrigen, wie im Speisesaal, an mehreren Tischen. Das Essen ist gut und das Gedränge dementsprechend groß. Zum Nachtisch gibt’s hausgemachten Wackelpudding oder sahniges Speiseeis.
Ein wenig abseits des Lebensmittelmarktes bestimmt die Nachfrage das Angebot und so gibt es all das zu kaufen, was in den umliegenden Dörfern nicht zu erwerben ist. Neben Gürteln, Hosenträgern und Schuhen gibt es Verlängerungskabel, Macheten und Schleifsteine. Doch die meiste Aufmerksamkeit bekommen die vielen CD- und DVD-Stände.
In voller Lautstärke beschallen sie die Straßen Pujilís wahlweise mit den Raubkopien andiner Folklore oder aggressivem ’90er-Techno. Auf den Bildschirmen der DVD-Stände flimmern ecuadorianische Telenovelas, Hollywood Blockbuster der letzten Jahre oder Dokumentationen über die eigene Heimat. Große und kleine Gruppen stehen stundenlang vor den Fernsehgeräten und lassen sich vom aufgezeichneten Programm unterhalten.
Wir schlendern durch die Reihen der Verkaufsstände, beobachten das Handeln und Feilschen, sehen, wie Waren ihre Besitzer wechseln und die Auslagen langsam ihre überbordende Last loswerden.
Der Markt ist jedoch nicht nur ein kommerzieller Schauplatz.
Man trifft sich, schwatzt, lacht, tauscht Neuigkeiten aus. Mütter ziehen ihre quengelnden Kinder hinter sich her, Männer trinken ihr Sonntagvormittag-Bier auf dem Bordstein, Hunde streunen um die Marktküchen auf der Suche nach etwas Fressbarem. Dazwischen preisen die Bauern ihre noch verbliebenen Waren an. Die Luft ist durchsetzt von der Musik der CD-Verkäufer.
Pujilí pulsiert, sei es auch nur für einen einzigen Tag in der Woche.
Die Autoren | |
Morten und Rochssare sind seit 2011 unterwegs. Langsames Reisen ist für sie dabei das Wichtigste – so sind sie per Autostopp und Couchsurfing unterwegs. Zwei Jahre lang haben sie Südamerika bereist und dabei 56.000 Kilometer zurückgelegt. Berichte über diese Reise gibt es nicht nur auf ihrem Blog Nuestra América – die beiden haben sogar ein Buch veröffentlicht! |
Abenteuer Grenzüberquerung, oder: Die teuerste Taxifahrt unseres Lebens Wer schon mal in Südamerika unterwegs war, der weiß, dass Grenzüberquerungen immer für eine Überraschung gut sind. Caro und Martin habe eine zwischen Ecuador und Peru erlebt.
Auf unserer zehnmonatigen Weltreise erlebten wir die verrücktesten Begegnungen und fantastischsten Abenteuer.
Eine davon war die Grenzüberquerung von Ecuador nach Peru in 7 Schritten über den Landweg. Unser Ziel war Chachapoyas, wo sich mit Kuelap ein zweites Machu Picchu befinden soll. Wir hatten uns für die unbekannte und abgelegene Grenzstation La Balza entschieden, da wir gruseligsten Geschichten über die anderen Grenzübergänge gehört hatten.
Nachdem wir in La Balza an der Grenze Ecuadors unkompliziert und schnell unseren Ausreise Stempel bekamen, erwies sich die Einreise in Peru als nicht ganz so einfach. Nachdem wir die Grenzbrücke zu Fuß überquert hatten, übrigens ein besonderer Augenblick, konnten wir auf der anderen Seite die Migration nicht finden. Wir müssen wohl ziemlich ratlos ausgesehen haben, da uns recht schnell ein netter Mann die Richtung wies.
Trotzdem liefen wir an der Polizei Station vorbei, die sich unterhalb einer Böschung in einer ziemlich unscheinbaren Holzhütte befand. Es war dann auch weit und breit niemand zu sehen, erst nach einem zaghaften “Hola” bekamen wir ein mürrisches “Cinco minutos” zu tun. Nach einer Weile kam ein beleibter Mann aus der Tür und machte sich grade noch die Hose zu – wir haben ihn bei seiner Siesta gestört. Er sprach die ganze Zeit über kein Wort und tippte mit dem Zweifingersuchsystem unsere Daten in einen steinzeitlichen Computer. Wir erhielten von ihm die Einreisezettel mit denen wir uns nun noch unsere Stempel abholen mussten. Dafür mussten wir wiederum auf die andere Seite des Dorfes. Wir holten uns die Stempel und nachdem ich Martin mit einem genervten Mitarbeiter der Migration noch aus der Toilette befreit hatte, konnte unsere Reise endlich weitergehen.
Nach diversen weiteren Umsteige Stopps erreichten wir am Abend fix und fertig Jaén, eine staubige , laute und chaotische Stadt. Wir fielen todmüde ins Bett, wir wollten zeitig am nächsten morgen weiterreisen. Dies erwies sich wiederum als nicht ganz einfach, da wir erstmal gar nicht aus unserem Zimmer rauskamen. Das Schloss schien kaputt und leider konnten wir auch nicht die Rezeption anrufen, da auch das Telefon nicht funktionierte. So blieb uns nix anderes übrig, als um Hilfe zurufen und gegen die Tür zu poltern. Zum Glück wurden wir dann recht schnell befreit.
Nun hieß es auf zur nächsten Colectivo Station, um uns die Weiterfahrt nach Bagua Grande zu sichern. Wir schnappten uns ein Mototaxi und handelten einen unglaublich günstigen Preis aus – tja mittlerweile konnten uns die Locals nicht mehr so leicht austricksen, dachten wir stolz. Ich hätte gerne unsere dummen Gesichter gesehen, als der Mototaxifahrer einmal wendete und uns quasi auf der anderen Straßenseite wieder absetzte – denn quasi gegenüber des Hotels befand sich die besagte Colectivo Station. Martin und ich lachten uns kaputt, als wir den Fahrer bezahlten und er musste auch schmunzeln. Das konnten wir ihm auch gar nicht übel nehmen!
Die Autoren | |
Caro und Martin haben Ecuador während ihrer Weltreise 2013 besucht. Damals haben sie in 10 Monaten 15 Länder erkundet. Seitdem sind sie endgültig mit dem Reisevirus infiziert und ziehen immer wieder los. Berichte und Tipps gibt es auf ihrem Blog We travel the World. |
Warum man sich manchmal mehr Touristen wünscht Menschenleere Natur - ein Traum, oder? Nun ja, außer, wenn neben Menschen auch Hinweisschilder fehlen. Simone hatte trotzdem Glück.
Cuenca, Baños, Quito – das ist die Standardroute der meisten Reisenden durch Ecuador. Ich entschied mich, davon einen kleinen Abstecher zum Quilotoa Loop einzulegen, um noch einmal ein paar Tage Wandern und Natur pur zu genießen. In Latacunga, dem Ausgangsort zur Quilotoa Lagune, stand ich aber vor einem Dilemma: Ich fand im Hostel niemanden, der Zeit und Lust für eine Mehrtageswanderung von der Lagune aus hatte und alleine wandern erschien mir zu riskant. Doch das Hostelpersonal redete mir zu: „Alles ganz einfach“, „Die Wege sind gut beschildert“, „Da sind ganz viele Wanderer unterwegs“.
Also zog ich doch alleine los und fuhr früh morgens bei strömendem Regen zur Quilotoa Lagune, dem Startpunkt der Mehrtagestour. Die Lagune selbst ist ein beliebtes Ausflugsziel und sehr gut besucht. Zu Recht, sie ist einfach wunderschön und der Regen verzog sich zum Glück wieder. Da die Lagune auf etwa 4.000 Metern liegt, ist die Luft schon etwas dünn, ich war aber zum Glück nach meiner Reise durch Bolivien und Peru noch gut an die Höhe gewöhnt.
Nur: von anderen Wanderern gab es hier keine Spur! Ich wollte aber auch nicht unverrichteter Dinge ins Hostel nach Latacunga zurückfahren. Nach etwas Herumfragen heuerte ich für die erste Etappe einen lokalen Guide an. Eine gute Idee, denn Wegweiser waren hier genauso wie Mitwanderer Mangelware.
Aber wie sollte ich die beiden nächsten Tagesetappen schaffen? Die ganze Strecke mit einem Guide zu laufen, lag nicht in meinem Budget. Am ersten Abend im Hostal im Dorf Chugchilan war ich daher ein bisschen ratlos. Das Spannende am Reisen ist aber, dass sich die Dinge oft ganz von selbst ergeben. Im Hostal lernte ich ein nettes neuseeländisches Paar kennen, die als einzige die gleiche Route wanderten. Für die nächsten beiden Etappen zogen wir daher gemeinsam los. Dank der GPS Karten-App der beiden, verliefen wir uns nur ganz selten. Und in guter Gesellschaft macht eine Wanderung noch viel mehr Spaß.
Am Ende bin ich froh, dass ich auch alleine auf den Quilotoa Loop losgezogen bin. Die Wanderung ist alles andere überlaufen, von der beeindruckenden Lagune geht es durch Wälder, grüne Hügel und kleine Dörfer zu kleinen Hostales mit Vollverpflegung. Ich habe eine 3-Tagesroute gewählt, aber man kann die Strecke auch beliebig ausdehnen. Mein absolutes Highlight – neben der Lagune – war das Hostal Llullu Llama (wird Schuschu Schama ausgesprochen) in Isinlivi. Super gemütlich, leckeres Essen, eine Wahnsinns-Aussicht auf die Natur und ein Lama-Baby im Garten – was will man mehr.
Die Autorin | |
Simone musste feststellen, dass sich das Reisefieber immer nur vorübergehend lindern, aber nie komplett stillen lässt. So zieht sie auf kleinen und großen Entdeckungsreisen durch die Welt und erzählt auf ihrem Blog Just Travelling davon. Mehr von Simone aus Ecuador gibt es hier zu lesen. |
Uff – hast du es bis hier unten geschafft? Glückwunsch! Ich hoffe, meine Mit-AutorInnen und ich konnten ein bisschen Ecuador-Fernweh bei dir wecken und du freust dich auf baldige Artikel und Berichte von mir.
Interessiert dich etwas Besonderes an Quito oder Ecuador? Schreib’s mir in den Kommentaren! 🙂
Und folg mir am besten auf Facebook und Instagram, falls du es noch nicht getan hast: Dort werde ich in den nächsten Tagen und Wochen sehr viel aktiver sein als auf meinem Blog.
Hab den Artikel schon vor ein paar Tagen gelesen (ja, bis zum Ende! :D), aber da immer noch niemand kommentiert hat, hole ich das jetzt noch nach.
Ich finde das Konzept, Geschichten verschiedener Blogger zu einem Teil der Erde nämlich unheimlich interessant – gerade, weil es eben Geschichten sind und keine Reisetipps o. Ä. Hat mir bei Wales auch schon sehr gefallen.
Danke! Ich habe mich schon gewundert, warum hier kein einziger Kommentar kam 😀 Wohl doch zu lang, der Artikel!
Freut mich, dass dir das Konzept gefällt 🙂 In der Art wird es bestimmt noch einige Artikel hier auf dem Blog geben.
Cooler Artikel, danke für die Infos!