Geht das auch nochmal in International English? Und andere Geschichten aus England.

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1. Man spricht ja Englisch, man muss ja. Die Sprache ist heute kein Bonus mehr, sondern eine Grundvoraussetzung für Studium, Job und natürlich auch fürs Reisen. Alle Sprachen der Welt kann man nicht lernen – aber mit englisch kann man sich zumindest in vielen Teilen der Welt durchschlagen. Ich dachte eigentlich auch, ich würde englisch sprechen. Und dann kam ich nach England. Zwar wurde ich meistens halbwegs verstanden, doch wer mit mir sprach, hielt es wohl absolut nicht für nötig, den eigenen Dialekt abzuschalten oder auch nur das Sprechtempo ein wenig herunterzuschrauben. Ein, zwei „Pardon?“ später, war dann zwar die Situation gelöst (oder zumindest meine Geduld erschöpft…), aber es blieb bei mir ein bitterer Nachgeschmack. Ist mein Englisch also doch nicht so gut, dass es zum Überleben reicht?

Nach und nach wurde mir jedoch klar, dass ich mich bisher einfach immer mit anderen Nicht-Muttersprachlern auf englisch unterhalten hatte. „International english“ ist eben doch etwas anderes. Unter Englisch-Fremdsprachlern verständigt man sich auf einer grundsätzlicheren, einfacheren Ebene, verzichtet auf extravagante Formulierungen und fügt dem Gesagten noch passende, deutliche Mimik und Gestik hinzu. Ich finde es schade, dass ich nie die Möglichkeit hatte, mal längere Zeit in einem englischsprachigen Land zu leben. Allen, denen es ähnlich geht wie mir, würde ich einen Sprachkurs in England ans Herz legen, zum Beispiel mit Sprachdirekt in London. „Sprachkurs“, das mag nach etwas klingen, das Jugendliche in ihren Schulferien machen, doch viele Sprachschulen bieten auch Kurse für Erwachsene an. In London gibt es beispielsweise auch Kurse für berufsbezogenes Englisch. Das Schöne ist, dass Sprachkurse im Ausland auch direkt ein Erfolgserlebnis mit sich bringen: Das, was man vormittags gelernt hat, kann man nachmittags im Alltag unter Beweis stellen. Und wird dann auch den Busfahrer oder Kellner verstehen…

Liverpool Reisegeschichten

2. A propos Busse. Die halten in England an den meisten Haltestellen nur, wenn man ihnen ein Zeichen gibt, ihnen also zuwinkt oder Ähnliches. Sonst könnte es ja sein, dass man auf eine andere Linie wartet. Da wir das nicht wussten, ist der eine oder andere Bus tatsächlich an uns vorbeigefahren. Was bei uns natürlich zu ziemlicher Entrüstung geführt hat.

3. Großbritannien hat wirklich eine ganz andere Museumskultur als Deutschland. Nicht nur, dass auf der Insel staatliche Museen für gewöhnlich kostenlos sind, sie wirken auch einfach weniger angsteinflößend auf Besucher. Hast du in Deutschland schon mal schlucken müssen, als du ein Museum betreten hast – einfach, weil dir alles so schick und suspekt vorkam und du dich ganz fehl am Platz gefühlt hast? Mir geht es oft so, denn ich weiß nicht viel über Kunst oder Geschichte, besuche aber dennoch gern Museen – man lernt schließlich immer etwas Neues und geht inspiriert nach Hause. Zu einfarbigen Bildern ohne Erklärungen kommen oft noch unfreundliche Museumsangestellte, die gefühlt am liebsten nur qualifizierte Besucher hereinlassen würden und einem von der Nase ablesen, dass man kaum Picasso und van Gogh auseinanderhalten kann… Geht man ein bisschen zu nah an ein Bild heran, piepst es, als hätte man das Bild in Brand gesteckt, man darf nicht fotografieren, nur eine kleine Tasche mitnehmen, nichts trinken… Und grundsätzlich gibt es tausend Dinge, die man als Besucherin falsch machen kann. In England habe ich das ganz anders erlebt. Museen sind Treffpunkte und für alle gedacht. Da man keinen Eintritt bezahlt, gibt es auch niemanden, der das eigene Ticket kontrolliert. Alles ist vernünftig ausgeschildert und es gibt viele Infos zu den Exponaten. Auch für Kinder gibt es viel zu entdecken. Und die Museumscafés gleichen eher der Kantine bei Ikea anstatt eines Treffpunkts für gebildete Baskenmützenträger und existentialistische Rollkragenpullover. Außerdem waren die Schließfächer tatsächlich so groß, dass wir Koffer und Riesen-Rucksack in eines packen konnten. Da traut man sich doch viel eher mal in ein Museum – super Sache!

Möwe Liverpool
Gans Straße Liverpool

4. Feindseligkeit gegenüber Deutschen habe ich zwar nicht mitbekommen, aber zumindest in Liverpool gibt es wohl zu jedem Gebäude und zu jeder städtischen Besonderheit eine Geschichte, die mit den Deutschen zusammenhängt. „Wir haben keine Brücken über den River Mersey, weil die Deutschen sie ja nur zerbombt hätten! Deswegen haben wir Tunnel gebaut!“ Als bedeutende Hafen- und Handelsstadt hatte es Liverpool im Krieg schwer, da blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Gut, dass die alten Vorbehalte dank Merkels EU-Politik inzwischen durch neue ersetzt wurden…

5. Was in Manchester oder Leeds hergestellt wurde, wurde in Liverpool verschifft. So blieb der Reichtum und das Ansehen in der Hafenstadt, während die Städte im Hinterland grau, dreckig und unscheinbar blieben. Doch Liverpool hatte Ruhm und Reichtum auf Pump gebaut – vieles kam aus dem Sklavenhandel und der einzige Wirtschaftszweig blieb der Hafen. Als Großbritannien seine Kolonien verlor und zudem neue technische Möglichkeiten die vielen ungelernten Arbeiter ersetzten, ging es abwärts. In den ärmeren Stadtteilen gab es in den neunziger Jahren eine Arbeitslosenquote von fast 50%. Dass Liverpool heute sehr viel weniger bedeutend ist als Manchester und Manchesters Stadtbild heute von Luxuswohnungen und teuren Einkaufszentren geprägt wird, hat zu einer ziemlichen Rivalität zwischen beiden Städten geführt.

Riesenrad Liverpool
Liverpool Penny Lane

6. Ach ja: Kennst du dieses Klischee der britischen Vororthäuschen, die einfach alle gleich aussehen? In Liverpool kannst du sehen, wie sehr es der Realität entspricht. Im Vergleich zum Rest von England lebt hier ein enormer Prozentsatz der Einwohner in diesen Häuschen. Viele sind in einem grauenhaften Zustand. Da der Wohnungsbau privatisiert wurde, werden immer mehr Häuser abgerissen und durch neue Gebäude ersetzt. Viele Menschen werden so aus ihren Häusern verdrängt, vieles steht leer. Die Fenster und Türen der Häuser, die leer stehen, sind oft mit Brettern verriegelt, da illegales „Recycling“ der Teile der Häuser, die noch verwertbar sind, in den letzten Jahren zugenommen hat.

7. Etwas, an das ich mich in Großbritannien wohl nicht gewöhnen könnte: die Esskultur. Alles, was Restaurant heißt, bedeutet Drei-Gänge-Menüs für einen Preis, zu dem andere eine halbe Woche lang leben können. Alternativ gibt es Fast Food – indisch, chinesisch, das allgegenwärtige Fish & Chips… Und natürlich Pubs. Die auch größtenteils Fast Food servieren, aber wenigstens ein paar Alternativen zu bieten haben. Nach drei Tagen England und Wales konnte ich keine Pommes mehr sehen – es gibt sie zu jedem Essen, außer man sagt extra dazu, dass man gerne Reis als Beilage hätte. Aber meine Erbsen werde ich in Zukunft zu Püree verarbeiten, denn „mushy peas“ sind echt extrem lecker!

Liverpool Schild
Liverpool rote Telefonzellen
Warst du schon einmal in England/Großbritannien? Was hast du so erlebt?

6 Gedanken zu “Geht das auch nochmal in International English? Und andere Geschichten aus England.”

  1. Sehr interessanter Artikel, der mich auch zum Lachen gebracht hat 😉
    Ich war diese Sommerferien in Australien, was Großbritannien ja etwas ähnelt. Das mit dem Essen kann ich bestätigen! Zwischen teuren Restaurants und Imbiss hat man kaum etwas normales gefunden. In Perth gab es aber ein schwedisches Restaurant, "Miss Maud", das sehr gut war. Oh, und bringen die Leute in England eigentlich auch ihre eigenen Soßen oder Ketchup in Fish & Chips – Läden? Das fand ich irgendwie lustig 🙂
    Mit meinem Englisch bin ich eigentlich ganz gut zurecht gekommen, ich muss aber zugeben, dass ich keine stundenlangen Unterhaltungen geführt habe. Und dieser australische Dialekt, den alle so schrecklich unverständlich finden, habe ich in 5 Wochen nur 2-3 Mal gehört^^

    lg Lena

  2. England ist mein absolutes Traumziel, da ich die Geschichte und Kultur der Stadt sehr mag. Bisher war ich leider selbst noch nicht da, dafür aber schon viele meiner Freunde, die mich dann mit Bildern, Videos und Geschichten versorgt haben. Alle fanden es auch sehr schön dort und meinten, dass die Menschen freundlich und offen sind. Da hat keiner irgendwelche Vorurteile zu hören bekommen, weil er deutscher ist. Ich überlege ja dort vielleicht ein Auslandssemester zu machen. Würde mich auf jedenfall reizen, da ich nicht nur London, sondern auch viele der anderen Städte sehr interessant finde.

    Übrigens finde ich es toll, dass die staatlichen Museen alle kostenfrei sind. Gibt auch einige, die da gerne besuchen würde, denn ich gehe unglaublich gerne in Museen.

  3. Ich war noch nie England, aber nachdem Freunde von uns vor kurzem nach Manchester gezogen sind, hoffe ich ihnen nächstes Jhar vielleicht mal einen Besuch abstatten zu können. Und nach deinem Tipp werde ich mich mit positiven Äußerungen über Liverpool zurück halten 😉

  4. Danke für deinen Kommentar 🙂
    Eine super Alternative wäre, die allerdings etwas teurer ist, ist die Naked 3 Palette. Sehr ähnliche Farben und die Qualität ist auf jedenfall besser.

    Dein Post ist wirklich super 🙂
    Ich war leider noch nie in England möchte da aber gerne mal hin 🙂 Bis dahin muss ich auf jedenfall mein Englisch auffrischen, da ich das im Studium garnicht mehr benutze 🙁

    http://www.lootieloosplasticworld.de/

  5. Ich ernähr mich in London immer von den Sandwichs von Pret a manger. 😀 Ich bin echt kein Fan von FastFood und die teuren Restaurants kann sich meine Reisekasse auch nicht leisten. 😉

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