Wales, ich bin sprachlos

If you have chemistry, you only need one other thing: timing. But timing is a bitch.

Was How I Met Your Mother schon über die Liebe wusste, gilt auch fürs Reisen. Wir verbinden uns mit Orten, wir lernen einige zu lieben und andere zu hassen. Dabei denken wir, die Entscheidung darüber, ob uns ein Ort gefällt oder nicht, wäre bewusst und direkt getroffen, ein für alle Mal, tief in unseren Herzen. Wir denken, es gibt eben Orte, die zu uns passen, und solche, die es nicht tun. Doch in Wirklichkeit ist es viel komplizierter. Jedes Mal trifft das Ich, das wir in diesem Moment sind, auf den Ort, wie er in diesem Moment ist, und manchmal passt das, was an einem anderen Tag perfekt sein könnte, nicht mehr zusammen. Manchmal ist man übers Wochenende in einer spannenden Millionenstadt voller Leben – und fühlt sich zwischen den ganzen Menschen doch nur fürchterlich einsam. Oder man hat sich in die schönste Natur zurückgezogen – und fühlt sich auf einmal ruhelos, weil man abends etwas unternehmen möchte. Der eine oder andere Ort hätte vielleicht vor zehn oder hundert Jahren gut zu dir gepasst, aber du bist heute da – und fühlst dich nicht wohl. Und die Stadt, die noch vor einem Jahr deine Lieblingsstadt hätte sein können, gefällt dir nicht, weil dein Herz noch woanders festhängt.

Wales und ich, da hat in den letzten Tagen nicht nur die Chemie gestimmt, sondern auch das Timing. Es war die perfekte Reise zum perfekten Zeitpunkt. Einerseits ganz praktisch gedacht – wären wir eine Woche früher oder später verreist, hätten wir nicht jeden Tag Sonnenschein gehabt. Doch andererseits auch auf einer inneren Ebene: So viel Ruhe, um mir das Ruhelose der letzten Wochen auszutreiben. So viel Stille, die mich zwang, mal wieder auf meine innere Stimme zu hören, auch die dunklen Gedanken zuzulassen und gestärkt hervorzugehen. Leben von heute auf morgen, kein Plan im Voraus, perfekt für mich, die ich in letzter Zeit meinen vielen Plänen erlag. Ein Schritt vor den anderen statt der tausend Gedanken an die Zukunft, die sich vorher noch in meinem Kopf um sich selbst drehten, sich verworfen, wieder gefasst wurden… Sich treiben lassen statt getrieben sein. Alles kann, nichts muss, anstatt des vielen Müssens zu Hause. Und vor allem Konzentration auf die eine Sache, das Hier und Jetzt, während ich vorher mental ständig fünf Dinge gleichzeitig jonglierte.

Und jetzt? Weiß ich nicht, wie ich die richtigen Worte finden soll, die Worte, die Bedeutung haben und dennoch nicht ins Pathetische abrutschen. Die richtigen Worte. Es gibt nicht viel, was mich sprachlos hinterlässt – Wales hat es geschafft. Die Reise, an die ich keinerlei Erwartungen hatte, hat mich umgehauen. Vor Kurzem noch habe ich mit einer Blogparade Stimmen über das Heimkommen gesammelt, jetzt hat es mich wieder ereilt. Im Alltag wieder anzukommen, gar nicht so leicht, manchmal sogar nach so einer kurzen Reise. Wie so oft läuft das Zu-Hause-Gefühl auf zwei Ebenen ab. Ich freue mich über mein bequemes Bett und darüber, auch mal wieder am Laptop sitzen zu können, über die Gemütlichkeit, die Entspannung, die nur das eigene Zuhause bieten kann, über das frische selbstgekochte Essen. Der Blues der vergangenen Tage schleicht sich jedoch von hinten an. Nach der ersten Euphorie springt er mich an, klammert sich an mich, lässt mich noch atmen, klopft aber unentwegt an den Rücken, direkt hinter das Herz. Alles, was ich tue, fühlt sich plötzlich fehl am Platz an, alle Worte, die ich in den Mund nehme, scheinen nichts und niemandem gerecht zu werden. Ich ertappe mich dabei, wie ich eigentlich arbeiten sollte – und doch nur mit offenem Mund durch die Fotos der vergangenen Tage scrolle. Oder mit leerem Blick wirre Pläne für die nächsten Monate fasse, die sich ja doch nicht umsetzen lassen. Das mit dem Ankommen, das braucht noch seine Zeit – und dann gibts hier auch ein paar Artikel.

13 Gedanken zu “Wales, ich bin sprachlos”

  1. Liebe Ariane,
    manchmal braucht es auch einfach keine Worte, denn egal wie wir sie formulieren, das was wir eigentlich sagen oder vermitteln wollen, vermögen sie dennoch nicht zu sagen.
    Es freut mich zu hören, dass ihr genau zum für euch richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort wart, denn oft ist es das Gefühl, das damit einhergeht, was die Reise ausmacht. Und ist es nicht so, dass die Reisen, an die man so gar keine Erwartungen hat, letztendlich die sind, die einen sprachlos machen? Zumindest geht es mir immer so.

    Liebe Grüße,
    Wibke

  2. Was du da – besonders in den ersten beiden Absätzen – beschreibst, kann ich so gut nachempfinden. So war´s bei mir im Sommer an der Nordsee. Es ist so wunderbar und doch kann man´s selbst kaum fassen, wenn ohne Plan ganz einfach alles passt und sich so gut und richtig anfühlt …
    Liebe Grüße
    Christiane

  3. Hach ♥ Das ist so fabelhaft! Die Landschaft ist Irlands wirklich ganz ähnlich aber das wussten wir ja auch schon vorher. Ich finde es so toll, dass es euch so gut gefallen hat und ich kann die Ruhe voll und ganz nachvollziehen!! Tolle Bilder, toller erster Post – ich freue mich auf mehr!

  4. Liebe Ariane, das Zitat am Anfang passt einfach so wunderbar zu deinem Post. Ja, manchmal passt einfach alles – und diese Momente muss man genießen. In Kopenhagen hat auch ziemlich viel gepasst, in Portugal habe ich mich trotz der vielen tollen Menschen manchmal etwas allein gefühlt. Jede Reise ist anders – und das macht es so spannend.

    Liebe Grüße
    Petra

  5. Tolle Fotos und ja ich kenne das mit dem Heimkommen. Bin seit knapp 2 Wochen wieder aus Indonesien zurück und bereite Stück für Stück meine Posts dazu vor und durchlebe nochmal alles und möchte am liebsten zurück, vor allem wegen der Sonne, der Wärme und natürlich wegen meinem Freund. Aber zum Glück habe ich ja jetzt meine Ausbildung die mich wenigstens etwas ablenkt. Ich freue mich jedenfalls auf deine weiteren Wales Posts und wünsche dir viel Erfolg (oder was auch immer man bei sowas sagt) beim Heim/Ankommen. Lass dir ruhig Zeit! <3

    Liebe Grüße
    Jasmin von nimsajx.blogspot.de

    P.S. Falls du an meinen Indonesien Posts interessiert bist, zwei von vier sind schon online 🙂

  6. Diese Fotos machen mich sprachlos! Es klingt so schön, wie du beschreibst, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein! Das freut mich sehr für dich!
    Lass dir Zeit, hier wieder anzukommen und reflektiere die Reise in Ruhe, wir freuen uns, wenn es hier etwas Neues gibt, aber auch wir sind geduldig 😉

    Liebe Grüße,
    Malika

  7. tolle worte, ich weiß genau was du meinst – mir ging es heuer mit spanien genau gleich. keine erwartungen gehabt, weil, hey, spanien – kennt man ja. bzw. dann mallorca. und dann stimmt das timing, der ort bietet einem etwas einmaliges wunderbares und schreibt sich tief ins herz ein. wunderschön ist das.

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