Warum ich immer ein Zuhause brauchen werde

Lange habe ich mich ein bisschen davor gescheut, meinen Blog als „Reiseblog“ zu bezeichnen. Eigentlich passt vom Wort her wenig besser darauf, aber die verschiedenen (sich auch so benennenden) Reiseblogs, die ich damals kannte, stießen mich ab. Sie erzählten keine Geschichten vom Reisen, sondern gaben Tipps, was man wie und wo gesehen haben „muss“. Sie schrieben zwar einen Blog, sprachen aber ständig von einem „Business“. Und alle schienen pausenlos unterwegs zu sein, und das nicht nur von Stadt zu Stadt, sondern von Kontinent zu Kontinent. Ich las zum ersten Mal den Begriff „Digitaler Nomade“ und fühlte mich nochmal falscher. Schließlich hänge ich durchs Studium sozusagen in Deutschland fest und bin weit entfernt davon, reisend und ohne deutsche Adresse mein Geld online zu verdienen. Und das stört mich nicht einmal…

Inzwischen weiß ich zum Glück, dass es auch sehr viele andere Reiseblogs gibt – und habe so einige gefunden, die mir gefallen und bei denen ich mich sozusagen „zu Hause“ fühle. Die Szene der ortsunabhängigen UnternehmerInnen und Blog-Business-NomadInnen ist mir bis heute irgendwie suspekt, auch wenn ich die Ideen und Gedanken dahinter mehr als interessant finde und mich oft damit beschäftigt habe. Die Blogparade bei Tanja von Reiseaufnahmen gibt mir nun die Gelegenheit, mich auch mal in einem Artikel damit auseinanderzusetzen – und vor allem darüber zu schreiben, warum ich mir nicht vorstellen könnte, so zu leben.

Digitales Nomadentum oder „9-to-5“ – die Glücksentscheidung?

Der Mensch studiert oder macht eine Ausbildung, bevor er dann ins Arbeitsleben eintritt, wo er, vielleicht mit Ausnahme einer kurzen Pause, wenn der Nachwuchs ansteht, 40 Stunden die Woche arbeitet, bis er das Rentenalter erreicht. Hier setzen die digitalen NomadInnen an: Aus dem Hamsterrad ausbrechen, sich selbst verwirklichen, reisen und arbeiten zur selben Zeit sind ihre Schlagwörter. Sie machen sich online selbstständig, und zwar so, dass sie ortsunabhängig von überall aus arbeiten können, wo es eine Internetverbindung gibt. Meistens ist damit der Gedanke verbunden, zumindest irgendwann einmal nur noch wenig zu arbeiten, beispielsweise über den Verkauf von eBooks, in die man einmal Arbeit investiert, um dann lange passiv daran zu verdienen.

Die Ideen sind spannend – aber wirklich neu, wirklich bahnbrechend sind sie eigentlich nicht. Die Szene der digitalen NomadInnen inszeniert sich gern als absolutes Gegenmodell zur klassischen 40-Stunden-Woche. Die ist jedoch schon seit Längerem nur noch ein verblasstes Idealbild. Zum einen arbeitet heute kaum noch jemand sein ganzes Leben in einem Unternehmen, viele arbeiten sogar in verschiedenen Branchen oder ändern ihren Beruf zwischendurch vollkommen. Zum anderen gibt es immer weniger klassische, fest geregelte und unbefristete Jobs. Immer mehr Menschen arbeiten Teilzeit, in Zeitarbeit, in zwei oder mehr Jobs zur selben Zeit oder hangeln sich von Vertrag zu Vertrag. Und schlussendlich stellen immer mehr Menschen immaterielle Ansprüche an das, was sie tagtäglich tun – sie suchen nach einer Arbeit, in der sie Sinn sehen und in der sie sich selbst verwirklichen können, sie reduzieren ihre Arbeitszeit, um sich Wichtigerem zu widmen, oder nehmen Auszeiten vom Job. In vielen Branchen können hoch ausgebildete Arbeitende Ansprüche stellen und haben Mitspracherecht.

Ganz klar: Die Arbeitswelt heute ist vielschichtig und für wen das 40-Stunden-Modell nicht funktioniert, der muss sich auch nicht zwingend danach richten. Die absolute Gegenüberstellung der Entscheidung zwischen Weltbereisen und Online-Selbstständigkeit und Hamsterrad-Schuften funktioniert so nicht.

Die neuen Heilsbringer

Auf den Blogs von AussteigerInnen und NomadInnen ist oft die Rede vom „Hamsterrad“, das die Online-Unternehmer inzwischen hinter sich gelassen haben. Hamsterrad, damit ist ein fester Job gemeint, der einem keine Freude bringt und in dem man nur arbeitet, um Geld zu verdienen. Ich finde die Idee super und auch sehr mutig, sich aus einem ungeliebten Job zu verabschieden und sein Glück anderswo zu suchen. Auch die Überlegung der Selbstständigkeit und der Ortsunabhängigkeit ist klasse, warum nicht?! Doch das kann nicht die Lösung für jede und jeden sein, und dafür fallen mir so viele Gründe ein, dass ich sie hier gar nicht alle unterbringen kann. Manche Menschen leben für eine Aufgabe, können aber nicht das große Ganze im Blick behalten, andere brauchen feste Strukturen und Vorgaben, wieder andere arbeiten am liebsten im Team mit Kollegen, die sie jeden Tag sehen und mit denen sie Mittag essen gehen. Digitales Nomadentum ist, genauso wenig wie Selbstständigkeit an sich oder auch die „normale“ 40-Stunden-Woche, ein Patentrezept, das zum großen Glück führt. Ich kann verstehen, dass jemand mit einem solchen Prinzip glücklich geworden ist und das unbedingt teilen möchte. Aber jeder Mensch tickt anders, und niemand sollte sein Leben an den Erfahrungen von anderen ausrichten – sondern seine eigenen Entscheidungen treffen und seine eigenen Erfahrungen machen!

„Heilsbringer“, vielleicht ist das ein etwas zu hartes Wort. Ich möchte auch niemandem zu nahe treten. Ich habe nur oft das Gefühl, digitale NomadInnen verkaufen ihren Lebensstil als Weg zum persönlichen Glück – und ihre Produkte oder ihre Services als Segen für die Menschheit. „Ich schreibe ja Ratgeber für Leute, die sich nicht trauen, zu reisen! Und du arbeitest nur in einem Unternehmen für…“ Du verstehst bestimmt, worauf ich hinauswill. Das eine ist nicht besser als das andere – suchen wir nicht alle irgendwie nach Erfüllung und dem, was uns glücklich macht? Auch die Leute, die, ob ortsunabhängig oder nicht, Ratgeber schreiben und Coachings anbieten, tun das nicht nur aus Freundlichkeit und Helferwille, sondern in erster Linie, um damit Geld zu verdienen, und weil es ihnen noch dazu selbst Freude bereitet. Schon immer haben Menschen ihr Glück auf unterschiedlichen Wegen verfolgt, und schon immer hat Glück für alle Menschen etwas anderes bedeutet. Heute haben wir die Möglichkeit, uns auszuleben, das zu arbeiten, was wir möchten, dahin zu reisen, wo wir möchten, und das macht die Suche nach dem Glück doch nur noch besser! Und neben unserer eigenen Suche, wohin sie auch führen mag, sollten wir auch akzeptieren, dass andere Menschen nun einmal andere Vorstellungen von Selbstverwirklichung und Glück haben als wir.

Andere Kulturen? Na ja, primär gutes W-lan und billige Märkte…

Schon über verschiedene Blogs bin ich auf Seiten gestoßen, in denen die besten Orte auf der Welt für digitale NomadInnen gerankt wurden. Die Kriterien dafür? W-lan, Preisniveau, Sicherheit, wie viele andere digitale NomadInnen dort leben. Ich habe das Gefühl, viele Ortsunabhängige suchen ihr neues Zuhause nicht danach aus, ob ihnen die Kultur des jeweiligen Landes zusagt oder ob sie die lokale Sprache sprechen, sondern allein danach, wie gut es sich dort für sie leben lässt. Verdiene in Euro, gibs in Baht oder Rupien aus, lautet die Devise, so wird der Wohnort in den Globalen Süden verlegt, um zu sparen und auch mit weniger Geld auszukommen. Solange das Internet läuft, kann gearbeitet werden, und im Idealfall findet man vor Ort viele Gleichgesinnte, mit denen man sich auf englisch oder deutsch unterhalten und neue Geschäftsideen spinnen kann. Vielleicht bin ich hier ja sehr kritisch, aber mir kommt es so vor, als würde das nächste Reise- und Arbeitsland primär danach ausgewählt, wo die besten Strukturen bereitgestellt werden. Kultur, Sprache, Religion sind für viele erst einmal zweitrangig. Auf mich wirkt das, als würden digitale NomadInnen schon vom Prinzip her eine Parallelgesellschaft aufbauen, eine kleine Ausländerblase – sie werden hier schließlich nicht für ewig bleiben, müssen sich nicht integrieren, nicht die Sprache lernen, keine Kontakte knüpfen… Daran ist nichts Verwerfliches, ich finde es nur unglaublich schade. Schließlich geht einem so sehr viel verloren – tieferes Verständnis von der jeweiligen Kultur, die Möglichkeit, eine neue Sprache zu erlernen… Und wo bleibt der Abenteurer-Spirit, den die digitalen NomadInnen von den 9-to-5-Jobbern fordern? Schließlich werden lieber bereits bequem gemachte Ziele angesteuert, als dass man neue erkundet und entdeckt.

Die Möglichkeit und die Philosophie, ständig weiterreisen zu können und zu wollen, macht es einem natürlich auch relativ einfach. Gibt es ein Problem am jeweiligen Wohnort, muss man nicht dagegen ankämpfen, es zu lösen, sondern kann sich einfach den nächsten Ort aussuchen. Man muss nicht versuchen, den eigenen Wohnort, die eigene Nachbarschaft, zum Besseren zu verändern, sondern entzieht sich jeder Verantwortung.

Ganz ohne Postadresse?! Das Thema Heimatlosigkeit

Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte: Wann ist eine Heimat, ein fester Wohnsitz, ein sicherer Ort, den man „Zuhause“ nennt, eigentlich zu etwas Negativem geworden? Daheim, mir persönlich gibt dieses Wort direkt ein wohlig-warmes Gefühl. Ich finde es großartig, anzukommen, genauso großartig wie fortzugehen. Ankommen kann ich natürlich überall auf der Welt, und auch nur für drei Monate, keine Frage, aber zu Hause ankommen, das geht für mich nur da, wo die Menschen leben, die ich liebe, und die mich lieben, wie ich bin, ohne dass ich mich erklären muss. Da, wo ich mich absolut sicher fühle und glücklich. Das kann in Jena genauso sein wie in Beirut oder Tokio, aber das geht einfach nicht, wenn man irgendwo nur ein paar Monate verbringt. Schon in einem Jahr ist es schwer, wirkliche Freundschaften aufzubauen, das habe ich in Peru gemerkt. Um tiefe Beziehungen aufzubauen, braucht man einfach Zeit. Und man muss sich wirklich darauf einlassen. Ich glaube, am besten geht das, wenn man irgendwo lebt, wo man weiß, hier ist man und hier bleibt man, ohne zeitliche Begrenzung, ohne ein: „In einem halben Jahr werde ich dann irgendwohin weiterziehen…“

Es mag genug Gegenbeispiele geben, viele mögen fähig sein, tiefe Freundschaften auf Reisen zu schließen, anderen mögen oberflächliche Bekanntschaften unterwegs ausreichen, wieder andere haben vielleicht die wichtigsten Menschen im Leben mit auf Reisen genommen… Aber ich glaube, eine absolute Entwurzelung ist ein schwieriger Weg. Vielleicht fällt es vielen nicht nach sechs Monaten auf, dafür aber nach zwei oder drei Jahren, wenn der Kontakt mit den Menschen in der Heimat immer spärlicher wird und sich langsam Einsamkeit breit macht… Eine Heimat, ein Zuhause zu haben, ist etwas Positives, und auch, wenn es natürlich okay ist, dieses von Zeit zu Zeit, und dann auch einmal längere Zeit, zu verlassen, sollte man es nie aus den Augen verlieren!

Und ich? Wo soll es denn mal hingehen?

Ich selbst bin gerade dabei, mein Bachelor-Studium zu beenden, und, ehrlich gesagt, ganz glücklich darüber. Für den Master bewerbe ich mich nächstes Jahr, für verschiedene Studiengänge in verschiedenen Städten in Deutschland (und vielleicht auch Österreich?!). Wo ich dann hingehe? Mal sehen – das Herz sagt, so nah wie möglich am Freund, und will doch auch ein interessantes Studium, der Kopf sucht das beste Studienangebot an einer möglichst guten Uni und fängt bereits an, Wohnungspreise zu vergleichen… Nur klar ist, dass ich nicht in Jena bleiben werde. Zwischen Bachelor und Master bleibt mir ein halbes Jahr, das ich eigentlich in Portugal verbringen wollte. Nun ja, da immer alles anders kommt, als man das anfangs plant, klappt das leider nicht. Aber gerade finde ich es auch ganz spannend, dass ich mal ein paar Monate zu meiner eigenen Verfügung habe. Mal sehen, was passieren wird – vielleicht probiere ich ja tatsächlich mal aus, wie es ist, woanders zu leben und dabei gleichzeitig zu bloggen und an anderen Projekten zu arbeiten? Portugal steht ja doch immer noch auf meiner Liste… Vielleicht klappt es ja auch mit einem Auslandspraktikum oder noch einmal mit einem Freiwilligendienst! Hast du Tipps für mich, wo ich mich (im Bereich Politik/Sozialwissenschaften/Internationale Entwicklung/nachhaltiger Tourismus/Geographie) bewerben könnte, oder eigene Erfahrungen?

Eine „Homebase“ möchte ich aber dennoch immer haben. Ein Zuhause ist für mich einfach mit positiven Gefühlen verbunden, und ich denke nicht, dass das jemals aufhören wird. Klar, es tut gut, den eigenen Besitz zu reduzieren und nicht zu sehr auf Materielles angewiesen zu sein, aber in einem Rucksack, und sei er noch so groß, ist kein Platz für Erinnerungsstücke, Lieblingsbücher und Drucke meiner Fotos. Natürlich ist losziehen ein schönes Gefühl, aber genauso schön ist das Ankommen, auf meinem Sofa, wo ich meine Privatsphäre habe, in meiner Küche, in der ich weiß, wo alles steht, in meinem Bett. Und natürlich das Ankommen bei den Menschen, denen man sich nicht erklären muss, die Interessen, Sprache und Erfahrungen teilen… Flügel zu haben, ist schön, aber Wurzeln sind genauso wichtig.

Diverse Praktika haben mir gezeigt, dass eine 40-Stunden-Woche für mich nur das Richtige ist, wenn ich mich mit meinem Job absolut identifizieren kann, sehr abwechslungsreich arbeite und viel selbst entscheiden und organisieren kann. Ich bin allerdings, was das Arbeiten angeht, eher eigenbrötlerisch und hätte daher wohl auch nichts dagegen, selbstständig oder von zu Hause aus zu arbeiten. Die Idee, viel zu reisen und das eigene Geld selbstständig (in meinem Traum-Fall: durchs Schreiben und Bloggen) zu verdienen, finde ich klasse, denke aber auch, dass vieles nicht so einfach ist, wie es klingt. Und ich weiß ganz sicher, dass ich trotzdem immer ein festes Zuhause haben möchte, egal, wo das liegt.

Was denkst du? Wäre ortsunabhängiges Arbeiten eine Option für dich? Und wie stehst du zum Thema „Homebase“?

25 Gedanken zu “Warum ich immer ein Zuhause brauchen werde”

  1. sehr guter artikel, mir stoßen diese "hamsterrad"-blogs in letzter zeit auch sauer auf. genau dieses "von oben herab", was du beschrieben hast, stört mich auch dort… nicht jede methode ist für jeden menschen das richtige. ich habe vor einer weile auch das buch "solopreneur" gelesen, wo diese art der selbstständigkeit mit passivem einkommen etc empfohlen und als das nonplusultra verkauft wird und hab mich die ganze zeit darüber geärgert 😀 hat jetzt nicht soo viel zu deinem grundthema das posts zu tun aber da ich ja nicht so der reisemensch bin, musste ich diese überleitung machen 😀

    1. Es ist eben generell doof, wenn ein Lebensmodell als Nonplusultra-Lösung dargestellt wird. Genauso doof wie Leute ins Erwerbstätigkeits-Standard-Modell zu pressen, ist, solche flexiblen Lösungen als das Richtige darzustellen. Natürlich hat das mit dem Thema zu tun, wie man sein Leben führt, ist ja auf Reiseblogs oft Thema! 🙂

  2. Hallo Ariane,

    vielen lieben Dank fürs mitmachen.

    Ich finde es unglaublich spannend, dass du ganz klar weißt, dass 9 to 5 nichts für dich ist, aber dennoch so ein großer Homebase Fan bist. Ob die Digitalen Nomaden ihre kurzfristigen Plätze als Homebase beschreiben würden? Gerade Bali scheint sich ja für den ein oder anderen dahingehend fast zu mausern.

    Mein Lieblingsfazit in deinem Beitrag: "Aber jeder Mensch tickt anders, und niemand sollte sein Leben an den Erfahrungen von anderen ausrichten – sondern seine eigenen Entscheidungen treffen und seine eigenen Erfahrungen machen!" Das ist wohl so ein bisschen das Fazit zu der sich meine Blogparade hinentwickelt und eine wichtige Erkenntnis. Vielleicht noch dadurch ergänzt, dass man sich schon ganz jung für diese Erfahrungen bereit fühlen kann, aber auch gleichzeitig nie zu alt dafür ist.

    Viele liebe Grüße
    Tanja

    1. Damit, dass "9 to 5" nichts für mich ist, meine ich aber auch nicht, dass ich immer auf Reisen sein will… Ich finde für mich eher so Ideen wie eben Selbstständigkeit, Freiberufler, oder auch Halb-Halb fester Job und Selbstständigkeit spannend 🙂

      Ja, stimmt, zu der Erkenntnis kamen viele Beiträge deiner Parade. Ist ja auch eine sehr sinnvolle, und ich hoffe, dass sie in Zukunft öfter verbreitet wird als das typische "Du solltest jetzt deinen Job kündigen!" Nur, mit "Mach, was dir gut tut, egal, was das ist!" lassen sich wahrscheinlich weniger Bücher und E-Courses verkaufen 😉

    2. Die E-Courses und Bücher … 🙂 Wobei ja Conni von Planet Backpack z.B. jeder wie er will postuliert, aber auch ein Buch für Digitale Nomaden hat. Verrückte Welt.

      Das mit deinen Jobs hatte ich glaube ich gegriffen, daher auch meine Faszination. Denn die meisten wollen ja nicht 9 to 5 arbeiten, weil ihnen diese Form das Reisen zu sehr einschränkt. Die wenigsten wollen glaube ich auf 9 to 5 verzichten, um die beruflichen Freiheiten der alternativen Beschäftigungsformen zu genießen 🙂 Das dies die zentrale Antriebsfeder ist, ist doch eher ungewöhnlich, zumindest mein Eindruck 🙂 Aber vielleicht lese ich auch zu viele Reiseblogs 🙂

      Viele liebe Grüße
      Tanja

    3. Ach, "jeder wie er will" und dann ein Buch für die, die wollen, ist ja auch okay! Aber da kommt natürlich immer mit, dass man das, was im Buch geschildert wird, als so positiv wie möglich darstellen muss, um es zu verkaufen 😉 Hauptsache, es wird gekauft, egal, ob es für denjenigen gut ist oder nicht – liegt dann irgendwie in der Natur der Sache :/

      Achso! Ja, zumindest auf Reiseblogs ist das wohl so 🙂 Aber auch sonst kenne ich viele Leute in meinem Alter, die beispielsweise bewusst nur Teilzeit arbeiten, um Zeit für Hobbys oder andere Projekte, zum Beispiel dawanda-Shops, zu haben. Ich fand einfach meine bisherige Arbeitserfahrung ziemlich frustrierend, auch wenn ich spannende und schöne Aufgaben hatte, und arbeite viel lieber allein an einer Sache als im Team. Aber vielleicht finde ich auch irgendwann meinen Traumjob und arbeite dann ganz normal vierzig Stunden die Woche – mal sehen 😉

  3. Ich kann deine Gedanken sehr gut nachvollziehen und die meisten auch unterschreiben. Ein Leben als digitaler Nomade wäre nichts für mich. Wie auch du schreibst, so gehe ich gerne fort und komme gerne wieder. Ich bin gern Teil eines Teams und arbeite an einer Idee und an einem Produkt mit, die beide größer sind als ich. Das geht nur in einem Unternehmen.
    Ich habe als Kind zweieinhalb Jahre in Brasilien gelebt. Das war eine tolle, aufregende, aber auch anstrengende Zeit. Ganz sicher hat mich diese Erfahrung geprägt und ich möchte sie nicht missen. Auch wenn bei uns klar war, dass der Aufenthalt zeitlich begrenzt ist und wir anschließend in die Schweiz zurückkehren, haben wir uns – so gut es ging – integriert. Deshalb spreche ich auch noch heute, 15 Jahre nach der Rückkehr in die Schweiz fließend Portugiesisch.
    Ich könnte mir gut vorstellen, nochmals ein paar Jahre im Ausland zu leben. Aber wieder in der gleichen Form wir in Brasilien. Für eine begrenzte Zeit und nur in einem Land. Denn am Ende ist die Schweiz meine Heimat und wird wohl der Ort bleiben, an den ich immer wieder zurückkomme.

    1. Wow, ich bin ganz schön beeindruckt, dass du nach so langer Zeit noch Portugiesisch sprichst. Großartig, dass du dran geblieben bist 🙂

      Für längere Zeit ins Ausland möchte ich auch noch einmal. Aber ich hadere momentan mit mir, ob wirklich bald noch einmal so lang wie damals in Peru. Ein Jahr ist wirklich viel Zeit, und ich bin mittlerweile in Deutschland viel fester gebunden, als ich es noch mit 18 war. Da möchte ich mein Leben hier eigentlich kein ganzes Jahr lang zurücklassen… Mal sehen! 🙂

  4. Oh, du schreibst immer so schön!
    Für mich ist klar, dass – egal, wo es mal hingehen mag – ich ein Zuhause brauche, in das ich zurückkommen und wo ich abschalten kann. Irgendwo, wo ich mich wirklich heimisch fühle. Wo ich weiß, in welchem Fach in der Küche alles liegt … wo meine Decke ist … wo das Lebensmittelgeschäft meines Vertrauens direkt um die Ecke ist.
    Abenteuer sind toll und aufregend und von unterwegs arbeiten mag eine zeitlang toll sein. Trotzdem möchte ich einen Ort haben, an dem ich mich davon erholen kann.

    Liebe Grüße!

  5. Ein Zuhause muss sein. Ich bin auch sehr gern "in meiner eigenen Bude". Allgemein reise ich ja auch leider wenig, würde gern mehr verreisen, aber naja. Man kann nicht alles haben. Als Social Media Manager wäre ich eigentlich prädestiniert für ein digitales Nomadentum, denn ich brauche eigentlich wirklich nur einen Internetzugang – schon kann ich von überall aus arbeiten. Am liebsten hätte ich ja einen 7-4 Job, das wäre so meine Zeit. 😀 In meinem Agenturalltag verschiebt sich das leider stark nach hinten. Den perfekten Job gibt es wahrscheinlich sowieso nicht.

    1. Ich bin dieses Jahr auch wirklich wenig gereist, bisher habe ich es (Heimatbesuche bei den Eltern mal ausgenommen) nur für mein Praktikum nach Berlin und zu zwei Wochenend-Trips geschafft… Das muss nächstes Jahr mal ein bisschen mehr werden! 🙂

      Den perfekten Job gibt es wahrscheinlich wirklich nicht… Aber oft kann man ja irgendwie auch ein bisschen verhandeln bzw. mit den Leuten reden, um sich alles angenehmer und passender zu machen. Wobei ich da auch nicht so mitreden kann, habe ja bisher längstens ein Jahr gearbeitet 😉

  6. Toller Artikel. In letzter Zeit stoße ich vermehrt auf diverse Blogs dieser Art, die einem den Ausstieg aus dem Hamsterrad als den Weg zum absoluten Glück beschreiben und meins ist das auch nicht. Zum einen kann ich es nicht so recht glauben, dass die Leute tatsächlich viel Zeit dazu haben, am Strand zu sitzen und zu entspannen und tatsächlich Land und Leute kennen zu lernen. Geld muss eben immer noch verdient werden, und gerade Selbstständige müssen für ihr Geld oft viel arbeiten – auch mal über 40 h die Woche.Ja, sie lieben vielleicht was sie tun, aber dennoch ist es Arbeit und oft entsteht der Eindruck, dass man 2h arbeiten muss und den Rest des Tages sein Leben genießen kann. Das kann ich alles nicht so recht glauben – es mag einige wenige geben, die als erstes mit der ganzen Bewegung aufkamen, bei den es mittlerweile klappt, aber andere müssen entweder ganz schön viel arbeiten oder den Lebensstandard ganz stark eingrenzen.
    Und für mich wäre es auch wegen der Entwurzelung nichts. Ich mag es, liebe Leute um mich rum zu haben, Kontakt zu halten und sich regelmäßig sehen 🙂

    1. Danke! 🙂
      Ja, das stimmt wohl. Viele schreiben aber auch, dass in den ersten Jahren Arbeit rund um die Uhr angesagt ist, und später dann das "passive" Einkommen greift, man also zB. für eBooks und Ähnliches Geld einnimmt, die man vor Monaten geschrieben hat und für die man seit einiger Zeit nichts mehr tut. Aber irgendwie muss man ja auch immer an neuen Projekten arbeiten… Ich glaube, auch bei den Blogs der ersten Stunde steckt viel Arbeit drin. Irgendwann ist wahrscheinlich auch die schönste Reise zum Teil Arbeit – schließlich MUSS man jetzt dieses und jenes fotografieren, teilen, schreiben, besuchen, tun…

    2. Das denke ich auch, dass man sich nicht irgendwann dauerhaft auf die faule Haut legen kann und immer wieder an neuen Sachen arbeitet und neue Projekte sich einfallen lassen muss 🙂

  7. Das ist wirklich ein schöner Artikel 🙂 Mir geht es da ähnlich. Ich bin zwar schon sehr sehr viel umgezogen aber ich hatte immer ein zu Hause 🙂 Und selbst wenn ich weiß, dass es nur für ein halbes Jahr ist – wenn man weiß dass es für eben diese Zeit ein zu Hause ist nimmt man auch alles anders wahr 🙂

  8. Hi Ariane,

    ich unterschriebe zwar grundsätzlich den Spruch "Home is where your heart is", aber in den letzten Jahren ist meine Wohnung doch sehr zu einem Zuhause geworden, das ich nicht missen möchte. Arbeitsbedingte Auszeiten sind ok, doch ich weiß, dass ich immer nach Hause zurückkehren kann und dass in der Regel mein Freund dort auf mich wartet. Das ist ein gutes Gefühl, das ich nicht aufgeben möchte. Die Wohnungen meiner Eltern sind in gewisser Weise auch ein Zuhause (hier kommt wieder der Spruch ins Spiel), doch meine eigenen vier Wände, so klein sie auch sein mögen, sind schon viel wert. Und wie du das digitale Nomadentun beschreibst von wegen Hauptsache WLAN und günstige Preise, ist das ja auch nicht die Ursprungsidee und das, wofür man als Nomade eigentlich steht – nämlich Welt entdecken und Erfahrungen sammeln, nicht Zusammentun mit Gleichgesinnten in neuer Umgebung. Ein spannender Artikel, schönen Sonntag wünsche ich dir.

    1. Vielen Dank! Wie gesagt, wie ich das digitale Nomadentum beschreibe, ist mein persönlicher Eindruck. Es mag genügend geben, die mit einer großen Portion Abenteurer- und Entdeckergeist an die Sache rangehen 🙂 Ich hoffe es zumindest!

  9. Ich bin da total bei dir! Ich könnte es mir (aktuell) auch nicht vorstellen, kein richtiges Zuhause zu haben. So gerne ich auch reise – sobald ich meine Wohnung betrete und mich in mein eigenes Bett fallen lasse, bin ich der glücklichste Mensch der Welt :-). LG Franzi von Coconut Sports

  10. Huhu.
    Du sprichst mir aus der Seele. Ich fand die Digitalen Normaden am Anfang ja auch sehr interessant, aber mich stört auch vieles.

    Ich finde es zum Beispiel gefährlich Menschen die Flause in den Kopf zu setzten, dass es Einfach ist und jeder es schaffen kann. Kann es nicht – hier wird es immer Verlierer geben. Davon abgesehen finde ich es auch nicht in Ordnung, alle klassischen Jobs runter zu machen. Es soll doch Menschen geben, die ihre Arbeit auch dann gern ausüben, wenn sie sich nicht als hip verkaufen lässt. Oft kommen ja dann so Aussagen der Art "Vom Chef runter gemacht werden" oder "Miese Kollegen" oder "schlechte Arbeitsbedingungen" – kann ja alles sein und hat jeder schon erlebt – aber da gibt es noch andere Alternativen, als alles hinzuschmeißen und was zu machen, von dem man keine Ahnung hat. Eine neue Arbeitsstelle kann da doch schon viel bewirken.

    Ich lebe jetzt seit April 2014 in Norwegen und kann bestätigen, was du sagst. Um echte Freundschaften aufzubauen und als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert zu werden braucht es viel Zeit. Dazu muss man erst einmal eine Weile in dem Land leben, wissen wie es läuft und auch den Willen zeigen sich zu integrieren. Wenn du dann vielleicht "nur" am Strand oder im Café sitzt stelle ich es mir noch schwerer vor – den den echten Einblick bekommst du dann nicht wirklich. Dazu musst du auch (Arbeits-)alltag im Land erleben. Ich bin auch in einem Verein aktiv – auch da musst du erst einige Zeit dabei sein, bis du nicht mehr die Neue bist sondern als vollwertiges Mitglied anerkannt bist. Ist ja in Deutschland nicht anders.
    Ich hätte auch nie ohne meinen Freund nach Norwegen ziehen können. Es würde mich wahnsinnig machen ihn auf unbestimmte Zeit nicht sehen zu können. Skypen ist für mich persönlich kein Ausgleich dazu, jemanden in unmittelbarer Nähe zu haben, dem ich Vertraue und den ich Umarmen kann.
    Und vielleicht bin ich in dem Punkt konservativ: Ein bisschen habe ich auch ein Problem damit, dass man "gut" Geld in Deutschland/ Europa verdient, es aber hier nicht wieder in die Wirtschaft steckt sonder da wo es am Billigsten ist.

    AllesLiebe vom Oslofjord.
    Janine

    1. Liebe Janine, vielen Dank für diesen Kommentar! Da haben wir scheinbar im Ausland sehr ähnliche Erfahrungen gemacht. Klar, um glücklich zu sein, muss man nirgends dazugehören und ankommen, da kann man auch einfach in seiner Blase leben und immer weiterziehen. Aber der wirkliche Einblick in den Ort, an dem man lebt, bleibt damit verborgen.

      In dem letzten Punkt muss ich dir zustimmen, das stört mich auch. Wie geschrieben, mich stört am digitalen Nomadentum auch dieses sich-aus-der-Affäre-ziehen. Man hat keine Verantwortung mehr für einen Wohnort, den man aktiv mitgestaltet, gibt nichts zurück an den Ort, an dem man zB. seine Ausbildung gemacht hat etc.

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