Ein bisschen Portugal für zu Hause {Blogparade Fernweh}

Als die liebe Aileen mich zu einer Blogparade zum Thema Fernweh einlud, musste ich einfach teilnehmen! Ein wunderbares Thema und 30 tolle Bloggerinnen und Blogger, die verschiedene Orte vorstellen. Nur was ich zu dem Thema schreiben würde, war mir nicht direkt klar. Schließlich dreht sich auf diesem Blog tatsächlich vieles um Thema Fernweh und von meinen Reisen habe ich schon einiges erzählt. Peru wäre ein schönes Thema gewesen, schließlich ist es doch so ein bisschen zweite Heimat für mich, aber ich habe das Gefühl, all die Dinge, die ich an dem Land vermisse, sind Außenstehenden manchmal schwierig zu vermitteln. Aber nachdem ich vor einer Woche bereits von meinen Reiseplänen für die kommenden zwei Jahre geschrieben habe, dachte ich mir, ich stelle euch das Land ein bisschen vor, in das es mich 2016 für ein halbes Jahr verschlagen wird und auf das sich momentan mein Fernweh und meine Vorfreude konzentriert: Portugal, genauer gesagt Lissabon, denn dort werde ich ein Erasmus-Semester verbringen.

So war Lissabon für mich, 2013

Als ich in Lissabon das erste Mal aus der U-Bahn steige und mich ins Freie traue, fühle ich mich komplett überrumpelt. Nach einer längeren Zeit in der beschaulichen, ruhigen und gemächlichen Stadt Sevilla in Andalusien bin ich per Mitfahrgelegenheit nach Portugal gekommen und finde den Lebensrhythmus der Großstadt auf einmal ungewohnt. Viel zu viele Eindrücke, die fremde Sprache, so ungewohnt und voller genuschelter Sch-Laute, ich fühle mich erst einmal verloren. Ich erlaufe mir die Stadt, ihre Straßen, Gassen und Plätze, und stelle fest, dass es einem hier viele Orte erlauben, auch einmal durchzuschnaufen und die Seele baumeln zu lassen. Der Praça do Comércio, einer der wichtigsten Plätze der Stadt, ist nur an drei Seiten von Gebäuden umgeben, in Richtung Süden öffnet er sich hin zum Fluss Tejo, der hier, kurz vor seiner Mündung, so breit ist, dass man das Gefühl hat, auf einen See zu blicken. Eine Treppe führt ins Wasser hinein, Möwen streiten sich mit Touristen um die besten Sitzplätze, eine Brise macht das heiße Wetter erträglicher. Sandalen in die Hand, Füße ins Wasser, die Augen auf den Horizont und die Segelboote, die auf dem Fluss entlangtuckern… So kann ein Tag ausklingen.

Bunte Girlanden Lissabon
Fotos Altstadt Lissabon
Lissabon Schwarz weiß

Nicht nur der Weg nach unten zum Wasser, auch der Weg nach oben, zum Castelo de São Jorge lohnt sich. Von oben verströmt die Stadt noch mehr Charme und auf dem Weg zurück ins Zentrum lohnt es sich, den Stadtplan im Rucksack zu lassen. Überall kann man ein bisschen versteckt kleine, niedliche Läden erkunden, draußen stehen Sitzbänke neben Boxen mit Büchern, die man dort kostenlos lesen kann. Über den schmalen Gassen hängen bunte Wimpel, Girlanden oder Wäscheleinen, Frauen gucken aus dem Fenster und unterhalten sich über mehrere Balkone hinweg mit der Nachbarin. Sich treiben lassen, das funktioniert hier gut. In der Altstadt, zwischen mit Gras bewachsenen Treppen und mit Fliesen verzierten Hauswänden, ist wenig Platz für Hektik.

Graffiti Fado Lissabon
Frau Fenster Lissabon Portugal

Über Lissabon hängt eine eigenartige Mischung aus Lebensfreude und Schwermut. Die Portugiesen haben einen Hang zur Dramatik, sie sind stolz, und stolz sind sie auch auf ihr Lebensgefühl der saudade, ein Gefühl irgendwo zwischen Heim- und Fernweh, ein Mix aus Nostalgie und Melancholie, ein tiefes Gefühl, ein Wort, das auf andere Sprachen in dieser Welt nicht ohne weiteres übersetzt werden kann. Reisende sind viele gewesen in der ehemaligen Seefahrernation, so entstand diese hohe Bedeutung der Sehnsucht und der Ungewissheit. Auch heute lassen viele Menschen ihre Lieben zurück und fühlen dann vielleicht saudade, für viele vor allem junge Portugiesen ist aufgrund der prekären Lage auf dem Arbeitsmarkt Auswanderung die scheinbar beste Lösung. Man sagt, die Wirtschaftskrise träfe die Menschen hier schlimmer als anderswo, denn die Portugiesen sind nicht nur äußerlich von Sanktionen und Sparmaßnahmen betroffen, sondern auch innerlich gekränkt, da ihr Stolz verletzt wurde. Auch mein Couchsurfing-Host beklagt sich gerne und ist ein netter, wenn auch etwas vom Leben gebeutelter Mensch. Gleichzeitig ist er Surfer und lässt es sich, so oft es geht, am Strand gutgehen. Zu einem Surfing-Vormittag gehört auch das passende Mittagessen, Fisch natürlich, und der passende Wein.

Während ich mich in meinem Urlaub in Südspanien direkt heimisch gefühlt habe, musste ich mit Portugal erst einmal warm werden, um meine Zeit dort dann jedoch umso mehr zu genießen. Ich freue mich riesig darauf, zurückzukommen, mehr zu sehen und vor allem viel mehr über das Leben und Denken der Menschen zu erfahren.

Linie 28 Straßenbahn Lissabon

Meine Vorfreude jetzt, 2015

Das mit der Vorfreude ist gar nicht so einfach, schließlich sind es noch über zehn Monate, bis ich Deutschland zumindest für eine kurze Zeit gegen Portugal als Zuhause eintausche. Trotzdem, das Lernen der Sprache katapultiert mich gedanklich wieder mitten in die Altstadt Lissabons. Und alles, was ich über das Land und die Stadt erfahre, sauge ich auf wie ein Schwamm. Ein bisschen Portugal habe ich mir letztens mit Pastéis de Nata in die Küche gezaubert. Das sind kleine Blätterteigküchlein mit einer an Vanillepudding erinnernden Füllung aus Ei, Zucker und Milch, die aus dem Lissaboner Stadtteil Belém stammen – unglaublich klebrig, extrem süß und wahnsinnig lecker! Während man vor der Patisserie, die die klebrigen Leckereien seit 1837 herstellt, bestimmt eine halbe Stunde anstehen muss, gehen die Küchlein zu Hause richtig schnell, und schmecken genauso lecker. Ich habe dir direkt mal das Rezept mitgebracht, falls du auch einen Hauch Portugal zu Hause haben möchtest. Mein Muffinblech hat nur sechs Mulden, deswegen sind die Mengen auf sechs Pastéis heruntergerechnet. Solltest du ein großes Blech nutzen wollen, musst du die Mengen also verdoppeln.

Pasteis de nata Rezept
Pasteis de nata Rezept

Du brauchst also für sechs Küchlein:

  • eine Packung Fertig-Blätterteig
  • einen Teelöffel Butter, außerdem noch etwas zum Einfetten
  • 250ml Milch
  • 120g Zucker
  • einen Esslöffel Mehl
  • eine Prise Salz
  • einen Teelöffel Vanillearoma-Pulver – oder das Mark einer Vanilleschote
  • 3 Eier, davon eins ganz und von zweien nur das Eigelb
  • ein Muffinblech mit sechs Mulden
Pasteis de nata Rezept

1. Als erstes fettest du die Mulden des Muffinblechs ein. Anschließend entrollst du den Blätterteig und stichst mit einem großen Glas sechs Kreise aus, die alle ca. 10-12cm im Durchmesser sein sollten. Leg die Mulden mit dem Teig aus und drück ihn ein bisschen fest. Anschließend stellst du das Blech mit dem Teig kalt.

2. Als nächstes kochst du in einem Topf Butter und Milch zusammen auf. Währenddessen vermischst du den Zucker, das gesiebte Mehl und das Salz und rührst es anschließend in die Milchmischung. Koch noch einmal alles gemeinsam auf und nimm den Topf vom Herd.

3. Anschließend rührst du Vanille, Ei und Eigelbe unter die Mischung und füllst sie in die Muffinblech-Mulden. Im vorgeheizten Ofen werden die Küchlein nun für 10-12 Minuten bei 200 Grad Umluft gebacken. Wer mag, kann die Pastéis anschließend noch mit Puderzucker oder Zimt bestreuen.

Pasteis de nata Rezept

Zum Nachmittagskaffee hab ich neben den Küchlein noch einen Buch-Tipp zu Portugal mitgebracht. José Saramago stammt aus Portugal und bricht Mitte der 90er Jahre dazu auf, sein Heimatland ganz neu zu entdecken. Er startet im Norden, an der spanischen Grenze, und reist bis nach Süden runter zur Algarve. Bereits seit 1992 lebt er auf Lanzarote und sieht seine Reise als Möglichkeit, das eigene Land nach einer längeren Abwesenheit wieder kennen zu lernen und ausführlich zu erkunden. Dabei macht er in großen und kleinen Städten Halt, an bekannten Sehenswürdigkeiten und in Orten, die wohl in keinem Reiseführer stehen, er besichtigt Klöster und Kirchen und freut sich über die Schönheit der Natur, die ihm überall begegnet. Von den Einheimischen lässt er sich Dinge zeigen, ist ganz offen und hat so die eine oder andere spannende Begegnung. Einen richtigen Plan hat er nicht und fährt in einem klapprigen Auto mit einer zerknitterten Landkarte los – eine schöne Art zu reisen.

Jose Saramago Die Portugiesische Reise Rezension

Das Buch ist eine wunderbares Mosaik aus Momenten, Begegnungen, Beschreibungen und Geschichten, das tiefe Einblicke in das Land ermöglicht. Ich musste mich anfangs etwas daran gewöhnen, dass Saramago sich selbst konsequent als „der Reisende“ bezeichnet und nicht in der Ich-Form schreibt, aber inzwischen empfinde ich es als eine willkommene Abwechslung von herkömmlichen Reiseberichten. Ein bloßer Bericht oder ein Reiseführer will „Die portugiesische Reise“ nämlich gar nicht sein, es ist viel mehr – ein kleines literarisches Juwel (wie sollte man es auch anders erwarten von einem Nobelpreisträger), eine Sammlung von Geschichten und Momenten, die die portugiesische Seele einfangen, und letztendlich auch ein gewisses Lehrbuch zum Thema langsames, bewusstes Reisen.

Wer Lust bekommen hat, kann das Buch als Taschenbuch beim Atlantik Verlag kaufen. Oder auf diesen Mittwoch warten, denn am 23. April, dem Welttag des Buches, darf ich ein Exemplar an euch verlosen! Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag für die beiden Exemplare! Übrigens – auch wenn ihr euch nicht für Portugal oder Saramagos Buch interessiert, möchte ich euch einen Besuch auf der Seite des Atlantik Verlags ans Herz legen. Dort gibt es nämlich eine, wie ich finde, wirklich schöne kleine Auswahl an Büchern.

Jose Saramago Die Portugiesische Reise Rezension

So, nun aber, um den Bogen zu ziehen, noch einmal zu besagter Blogparade. Den ganzen April über entstanden und entstehen Beiträge zum Thema Fernweh. Bisher haben es mir vor allem die Beiträge von Natalia über Brasilien, Aileen über Schottland und Juliane, die gestern dran war und über den Gardasee geschrieben hat – inklusive toller Fotos! Morgen geht es dann bei Wibke mit einem Artikel über Ghana weiter.

18 Gedanken zu “Ein bisschen Portugal für zu Hause {Blogparade Fernweh}”

  1. Oh, Lissabon! Meine absolute Lieblingsstadt! Ich beneide dich ein bisschen darum, dass du dort ein halbes Jahr verbringen darfst.
    Warst du in der LX Factory? Wenn nicht, solltest du das unbedingt machen und den Buchladen Ler Devagar dort besuchen! Ich hoffe sehr du wirst uns nächstes Jahr deine Lissabon-Abenteuer hier präsentieren!!!
    LG, Roxy

  2. Oh, diese Pastéis de Nata habe ich in Hamburg immer gegessen… Die sind soo lecker! Dein Rezept werd ich direkt mal ausprobieren *-*
    Lissabon soll ja eine wunderschöne Stadt sein! Ich freue mich schon auf deine Fotos, wenn du dann länger da bist!
    Liebe Grüße,
    Malika

  3. Oh da kommt wirklich Fernweh auf! Nach Portugal wollte ich auch schon immer! Deine Bilder sind toll! Am liebsten würd ich jetzt ins Flugzeug steigen und dahin fliegen 🙂

    Liebe Grüße
    Dörthe

  4. Hey!
    Da bin ich wieder, wie gestern versprochen 😀

    Ich verliebe mich gerade ein wenig in deinen Blog, weil du einfach so herrlich schreibst, wie ich es auf kaum einem anderen Blog gelesen habe!
    Mit deinen Erzählungen über das Reisen machst du mir echt Lust – wobei ich echt sagen muss, die Vorstellung, ganz alleine unterwegs zu sein hat zwar ein gewisses Etwas, aber irgendwie schreckt sie doch ein wenig ab.

    Auf deine Verlosung freue ich mich schon sehr und werde gerne mitmachen! 😀

    Deine Fotos gefallen mir übrigens ebenfalls sehr gut und passen super in den Text hinein.
    Ich bin schon echt gespannt, mehr von dir zu lesen.

    Liebe Grüße
    Moony

  5. Danke für den tollen Post, die schönen Eindrücke. Und das Rezept klingt ja wunderbar lecker. Am liebsten würde ich es so schnell wie nur möglich ausprobieren.. 🙂

    Liebe Grüße
    Babs

  6. Portugal ist wirklich toll, ich war früher als Kind oft dort aber leider jetzt seit Jahren nicht. Aber ich finde den Atlantik einfach toll und diese Steilküsten kombiniert mit den kleinen Gassen in Lissabon sind einfach traumhaft. Ich hab mich bei meinen Reisen nach Asien, die zwar kein Auslandssemester aber immerhin auch ein paar Wochen waren, immer schon so gefreut, bei einem ganzen Semester würde ich wahrscheinlich an die Decke springen. Aber Vorfreude ist ja wichtig und toll, außerdem verfliegt die Zeit ohnehin und bald ist dann schon der Tag da, an dem es losgeht!
    Die Aktion finde ich super, muss gleich mal bei den anderen Beiträgen stöbern gehen 🙂
    GLG Charlotte

  7. Danke für die schönen Eindrücke zu Portugal. Bisher habe ich es leider noch nicht dorthin geschafft, aber deine Bilder und Erzählungen machen Lust auf mehr. Lissabon klingt nach einer schön gemächlichen Stadt, deren Besuch sich wohl wirklich lohnt.
    Das Buch kannte ich noch gar nicht, werde es mir bei Gelegenheit aber mal genauer anschauen. Klingt wirklich interessant.

    Liebe Grüße,
    Wibke

  8. Das ist ein richtig toller Post, man merkt einfach wie viel Mühe Du Dir mit allen Dingen gemacht hast. Ich selbst war noch nie in Portugal, aber Lissabon steht schon länger auf meiner Place-to-be Liste. Jetzt geht es für mich erst einmal nach London und danach kann man das mal in Angriff nehmen. Deine Bilder machen auf jeden Fall Lust auf mehr!
    Liebste Grüße,
    Marina von Love & Fashion

  9. Ohh da bekommt man doch gleich Lust die Koffer zu packen 🙂 Eigentlich stand Portugal bis jetzt noch nicht auf meiner Reiseliste aber ich denke die Fotos sagen mir: Da muss ich auch mal hin!
    Sehr guter Post und wunderschöne Bilder 🙂

  10. Jetzt ist der Kommentar wieder verschwunden 😀 Wahnsinnig toller Beitrag, Hammer Fotos, du hast dein Ziel erreicht, ich möchte jetzt nach Portugal. Darf man diccim Erasmus besuchen 😉 Und echt Tausend Dank für die extra Verlinkung <3 🙂 Liebe Grüße!

  11. Hach, da bekomm ich glatt auch Fernweh.
    Wunderschön geschriebener Artikel.

    Mich wird Erasmus+ im Winter nach Irland verschlagen, weiß aber nicht ob es dieselbe Organisation ist wie deine 😀

    Ich wünsche dir aber im nächsten Jahr viel Spass dort 😀

  12. Liebe Ariane,
    das ist ein toller Beitrag, der richtig Lust auf Portugal macht! Ich war bislang noch nicht da, habe aber ein Jahr in der Uni Portugiesisch gelernt. Ohne Sprachpraxis habe ich natürlich fast alles wieder vergessen, ein wenig Auffrischen wäre also bestimmt toll 🙂
    Ich war mit Erasmus drei Monate in der Costa Blanca und habe ein Praktikum bei einer Zeitung gemacht … es scheint schon ewig her 🙂

    Bärlauch ist ganz friedlich in der Verarbeitung, da kann man wenig falsch machen 🙂
    Deine Pastéis de Nata gefallen mir gut, etwas Blätterteig hab ich auch noch im Kühlschrank und noch keine richtige Idee dafür …

    Liebe Grüße!

  13. Du bist jetzt schon der 3. Blog bei dem ich auf dieses Projekt durch Zufall(!) gestoßen bin, was ist da los 😀
    Ich finde aber übrigens deinen kompletten Blog wunder-, wundervoll! Ich folge ihm gleich mal, ein Glück hab ich ihn gefunden.
    Ich find du beschreibst es einfach alles super schön und deine Bilder gefallen mir auch richtig gut ich freue mich auf weitere Posts ♥

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