Prag

Ach, Prag! Ich hoffe, ich verfalle nicht allzu sehr ins Schwärmen, aber diese Stadt hat es mir irgendwie angetan. Zum ersten Mal war ich dort mit vierzehn oder fünfzehn, im Rahmen eines Schulausflugs, und seitdem habe ich es nicht mehr geschafft, dort hinzureisen, obwohl Prag ja nur eine knapp dreistündige Autofahrt entfernt liegt. Und nun, endlich, war ich wieder dort, und zwar sogar für dreieinhalb Tage. Genug Zeit, um sich die Stadt anzuschauen und auch mal ein bisschen außerhalb der Touristenmassen herumzuspazieren.

Nachdem der restliche Donnerstagnachmittag fürs Schlaf nachholen, Geld wechseln und deftig-böhmisch essen draufging, starteten wir Freitag früh voller Neugierde in die Stadt. Ohne einen wirklichen Plan spazierten wir die Seite der Moldau entlang, auf der auch die Prager Burg steht – die Prager Kleinseite, wie wir später erfuhren. Die bietet einen schönen Ausblick auf die Karlsbrücke und verschiedene historische Gebäude auf beiden Seiten des Flusses, und einige kuriose Begegnungen: Große Figuren von Babys, die einen Barcode ins Gesicht gedrückt bekommen haben oder gelbe Pinguine im Fluss, zum Beispiel. Besonders gut hat mir die „Before I die…“-Wand gefallen: Eine große Tafel, auf der man mit bunter Kreide verewigen kann, was man unbedingt einmal erleben möchte.

Auf der Prager Burg kann man auch so einige Zeit verbringen – schon allein die Aussicht auf die Stadt ist wirklich schön. Wir haben auch den Eintritt für verschiedene der Sehenswürdigkeiten dort bezahlt, was aber, meiner Meinung nach, nicht zwingend notwendig ist. Zwar waren die Burg und die goldene Gasse ganz nett zu besichtigen, der Eintritt für den hinteren Teil der Kirche (den vorderen kann man einfach so betreten) war aber ein wenig übertrieben.

Ein kleines Highlight für mich war eine bestimmte Straße, von der ich bei meinem vorigen Besuch bereits einmal ein Foto gemacht hatte. Irgendwie hatte mich das Bild nicht mehr losgelassen – die schäbige Mauer links, die runden Hausfassaden rechts unten im Bild, dieses Gefühl, ins Bild hineingezogen zu werden… Dort wollte ich unbedingt noch einmal hin! Und ich musste tatsächlich noch ein bisschen suchen, aber letztendlich fand ich den Weg und machte in etwa das gleiche Foto nochmal 😉 Klingt wahrscheinlich ein bisschen seltsam… Aber ich bin glücklich!

Abends sind wir noch ein bisschen weiter durch die Stadt geschlendert – oder haben uns durchgequetscht. Eigentlich mag ich es nicht, mich darüber aufzuregen, wie überlaufen touristische Orte sind (ich selbst trage ja zur Überlaufenheit bei, wenn ich dort bin), aber in Prag hat es mich wirklich ein bisschen geschockt. Die touristische Innenstadt erstreckt sich auf ein recht großes Areal (Karlsbrücke, Rathaus, viele Gassen darum herum) und ist trotzdem an eigentlich jeder Stelle so voll, wie ich es sonst eigentlich nur von Volksfesten oder Weihnachtsmärkten kenne. Verlässt man allerdings die Touri-Route auch nur um zehn Meter, ist es plötzlich wieder relativ leer. Mir kam es so vor, als würden viele Besucher wirklich nur einen oder zwei Tage in Prag verbringen und hätten so nur Zeit für das Allerwichtigste.
Auch durch das jüdische Viertel sind wir abends noch spaziert – ich hätte gerne den Friedhof besichtigt, aber der war natürlich im Dunkeln schon geschlossen.

Den Samstag erkoren wir zum Museumstag, und wir hatten uns ganz schön kuriose Museen ausgesucht. Das Miniaturmuseum, zum Beispiel. Zwei kleine Räume, in denen Mikroskope und Lupen aufgebaut sind, um die Winzigkeiten zu bestaunen. Das kleinste Buch der Welt, ein Kamel in einem Nadelöhr, winzige Replikationen von bekannten Gemälden… schon eindrucksvoll. Was mich aber etwas gruselte, war, dass der Künstler auch mit toten kleinen Tieren arbeitete. Sein erstes Werk war beispielsweise ein toter Floh, dem er Mini-Hufeisen mit Mini-Nägeln an die Füße geschlagen hat. Das ist mir persönlich doch etwas zu kurios – die Frage des „Warum?“ darf man sich wohl einfach nicht stellen…
Die Gegend des Museums, direkt am Kloster Strahov, hoch über Prag, ist wirklich toll! Wenn man es einmal geschafft hat, dort hochzukommen, hat man einen schönen Ausblick und kann ein bisschen spazieren gehen. Oder sich das Kloster anschauen – wir waren nicht dort, aber es hat wohl eine tolle alte Bibliothek.

Später ging es dann in das Museum of Communism. Eine Spontanidee, da wir in der Innenstadt auf ein Plakat davon gestoßen waren, das ziemlich abstrus aussah – vor allem die Beschreibung „Museum of Communism. Above McDonald’s.“ muss man sich eigentlich auf der Zunge zergehen lassen… Das Museum selbst war dann doch recht antikommunistisch 😉 Bei der Info-Tafel über Marx, die ihn hauptsächlich als unwissenschaftlichen Spinner darstellte, musste die Soziologin und Politikwissenschaftlerin in mir doch etwas weinen. Der Rest des Museums war aber ganz nett, zwar wird der Großteil der Infos für einen Europäer mit etwas historischem Grundwissen nichts Neues sein, aber es wird auch viel auf Prag eingegangen und das Museum ist nett gestaltet. Und ich konnte traumhaft bescheuerte kommunistische Postkarten erstehen!

Und da das ja noch nicht genug seltsame Museen waren, hängten wir noch das Gastronomiemuseum hinten dran. Definitiv kein Highlight des Tages… Der Besuch war zwar (vor allem aufgrund des über-engagierten Besitzers, der uns überall hin folgte, um uns Dinge zu erklären) sehr lustig, aber das Museum weder wirklich interessant noch gut ausgestattet. Einige Räume schienen gefühlt nur aus Werbezwecken zu existieren, wie beispielsweise ein Raum über die Entstehung und Herstellung von Bier, dessen Infotafeln den großen Aufdruck einer tschechischen Brauerei trugen, und die Schaukästen wirkten mehr so, als hätte man alles zusammengeworfen, was man zum Thema gefunden hat.

Übrigens haben wir Samstag sehr gut gegessen! Über TripAdvisor haben wir nach guten und günstigen Restaurants gesucht, und sind so auf ein vegetarisches (etwas hippieskes) Restaurant namens Lehka Hlava (übersetzt: Klarer Kopf) gestoßen. Das Essen war echt lecker und mal etwas Besonderes, und pro Person bleibt man inklusive Getränk preislich trotzdem noch unter 10 Euro. Nur warten muss man recht lang, weshalb zur Mittagszeit wohl eine Reservierung ganz klug ist. Am Abend haben wir uns dann noch ein paar Gläser Wein und einen Käse-Häppchen-Teller in einer Kneipe namens U Stare Studny gegönnt. Insgesamt kann man in Prag, wenn man die absoluten Touri-Straßen meidet, wirklich sehr gut und günstig essen! In der Gegend, wo wir (via Airbnb) unser Zimmer hatten, bekamen wir im Restaurant für umgerechnet so sechs bis sieben Euro ein gewaltiges böhmisches Essen und ein Bier. Und, ach, die leckere heiße Schokolade, die es im Stadtzentrum immer zum Mitnehmen gab…

Über unseren Sonntagsausflug kommt nochmal ein eigener Post – in dem es ziemlich makaber wird. Mehr möchte ich mal nicht verraten 😉 Sonntag Abend hatten wir jedoch vor der Heimfahrt noch ein bisschen Zeit, und da bot es sich an, nochmal Vyšehrad zu besichtigen. Den Tipp dazu hatte ich übrigens von Stefanie, die auch ganz tolle Berichte aus Prag geschrieben hat!

Die Kirche war zwar schon geschlossen und vom Friedhof konnten wir nicht mehr allzu viel sehen, aber schon der Ausblick aufs nächtliche Prag war einfach super! Tagsüber stelle ich es mir dort jedoch auch sehr schön vor – das Gelände ist auch sehr groß und man kann dort bestimmt sehr schön durch den Park spazieren. Für mich war der Ausblick jedenfalls ein toller Abschluss eines schönen Kurzurlaubs in eine großartige Stadt!

8 Gedanken zu “Prag”

  1. Mmm, jetzt will ich noch mehr nach Prag! Super geschrieben und einfach wunderschöne Fotos 🙂 Ich bin vor allem für Immer ein Fan der Über-den-Dächern-Fotos!
    Liebste Grüße
    Natalia

  2. Ich mag die Details, die du immer wieder entdeckst, wie die Wand oder die Pinguine. Und von Vysehrad war ich auch sehr angetan. Da war ich sehr froh, dass wir trotz unseres kurzen Aufenthaltes von einem Tag nicht drauf verzichtet haben.
    Grüße
    Melly

  3. Oh nach Prag möchte ich auch unbedingt mal, die Bilder sehen echt toll aus und besonders gut finde ich, dass du nicht von den typischen Touristenorten berichtest, denn darüber findet man ja wahrscheinlich genug und geht dort bei einem Pragbesuch sowieso hin. Das Miniaturmuseum zum Beispiel klingt sehr witzig. 😀 Liebe Grüße!

  4. Hach, ein ganz toller Bericht! Man spürt richtig, mit welcher Sehnsucht du dort angekommen bist. Wie toll, dass du tatsächlich "deine" Straße wiedergefunden hast. Ich mag sowieso deine Straßenbilder und diese hat echt was besonderes.
    Als wir im Sommer da an der türkischen Küste entlang gefahren sind, wollte ich auch unbedingt nochmal die Stelle fotografieren, die auf dem einzigen verbliebenen Bild vom ersten Roadtrip zu sehen ist. Weil das aber in einer Kurve ist, wo man nicht anhalten kann und während der Fahrt fotografieren muss und ich so hibbelig war, hab ich zu früh den Auslöser gedrückt und dann war´s auch schon vorbei:/ Muss ich wohl nochmal hin…
    😉
    Liebe Grüße
    Christiane

  5. So schön, schön, schön! ♥
    Ich habe Prag auch ein wenig lieben gelernt und ärgere mich jedes Mal, dass ich kaum Zeit hatte, schöne Fotos zu machen!
    Da müssen die schönen Erinnerungen eben reichen 😉

  6. Hey Hoh! Ich habe gerade deinen Blog entdeckt – und was soll ich sagen, er gefällt mir so gut, dass ich dir direkt mal folge.^^ Dein Prag-Bericht ist wirklich schön und ausführlich. Ich selbst liebe die Stadt, sie ist sogar (nebst Berlin) meine europäische Lieblings-Stadt. Die romantische und zugleich mystische Atmosphäre dort, das gibt es nur einmal! Vielen Dank für die schönen Erinnerungen … 🙂

    LG, Sabrina
    Happiness-Is-The-Only-Rule

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