Ein Wochenende in Leipzig

Verreisen, das war der Plan. Wenn es schon weder Peru noch Spanien sein konnte, dann wenigstens für ein Wochenende irgendwohin. Zuerst hatte ich die Idee, mit ein paar Freunden nach Prag zu fahren, doch wir stellten fest, dass wir schon viel zu spät dran waren, den Bus zu buchen. Und dass der ohnehin unser finanzielles Budget überstiegen hätte… Also wurde spontan umdisponiert und wir sind zu fünft ab nach Leipzig.

Letztendlich war ich sehr froh über diese Entscheidung. Ich kenne zugegebenermaßen recht wenig von Deutschland (war ja auch letzten November zum ersten Mal in Berlin!) und hatte schon länger vor, entweder eine kleine Deutschland-Tour oder ein paar Wochenend-Trips durch verschiedene Städte zu machen. Frankfurt, Hamburg, Dresden stehen da beispielsweise auf meiner Liste. Da war Leipzig schon mal ein super Einstieg 🙂

Los ging es ganz früh am Samstagmorgen – dank einigem Chaos kamen wir trotzdem erst relativ spät in Leipzig an. Da wir ohnehin erst abends ins Hostel kommen und für zwei Übernachtungen niemand mehr als einen kleinen Rucksack dabeihatte, fuhren wir direkt vom Bahnhof zum Völkerschlachtdenkmal.

Über das hatte ich vorher eigentlich gar nichts gehört. Ich konnte mir auch so rein gar nichts darunter vorstellen und habe es auch absichtlich gelassen, das Gebäude vorher zu googeln oder mir Bilder anzusehen. So war ich ziemlich überrascht und ganz schön beeindruckt von dem riesigen Denkmal (eines der größten Europas!) und vor allem von den riesigen Figuren im Inneren. Die waren, düster und mit unheimlicher Musik untermalt, echt ganz schön gruselig. Was ich aber etwas schade fand, war, dass das ganze Denkmal von verschiedenen Gerüsten umgeben war, innen und außen… so hat es doch einiges an Wirkung verloren. Das Völkerschlachtdenkmal feiert diesen Sommer übrigens 100-jähriges Jubliäum – bis dahin sind die Gerüste bestimmt weg und es gibt verschiedene Feierlichkeiten.

Aufgrund der Höhe des Gebäudes war ich echt froh, dass es einen Aufzug gab… die letzten Stufen musste man natürlich trotzdem zu Fuß hoch, und zwar auf einer so engen Treppe, dass ich wirklich Angst hatte, stecken zu bleiben. Das hat sich aber gelohnt, der Ausblick von oben war wirklich toll. Ich mach sowieso viel zu gerne Fotos von oben 😉

Danach hatten alle Hunger und da wir drei nimmersatte Kerle dabei hatten, wurde erst mal per Smartphone nach dem besten Döner Leipzigs gegoogelt. Gesucht, gefunden, ab in die Karl-Liebknecht-Straße, oder kurz „KarLi“. Laut Tipp eines Bekannten ohnehin die In-Straße Leipzigs.

Das Schlendern durch die Straße war für mich das Highlight des Leipzig-Wochenendes. Die Sonne schien (endlich!) und wir entdeckten in einem Innenhof zwischen verschiedenen Hippie- und Teeläden einen kleinen Flohmarkt. Bei den ganzen tollen Klamotten (auch viel Selbstgemachtes dabei) ging mir wirklich das Herz auf und ich musste mich kauftechnisch echt in Beherrschung üben… Letztendlich habe ich nur ein Paar Lederschuhe für drei Euro erstanden. Auf so einem tollen Flohmarkt mit so fairen Preisen bin ich wirklich selten gewesen!

Zum Ambiente des Ganzen möchte ich gar nicht so viel sagen, sondern einfach die Bilder sprechen lassen. Auch außerhalb des Flohmarkts hatte die Straße ein wunderbares Flair und es gibt eine Menge kleiner, niedlicher Läden, in denen man stöbern kann. In Leipzig ist mir aufgefallen, dass es dort wirklich eine Menge sehr heruntergekommener Häuser gibt, teilweise sehen sie wirklich aus wie kurz nach einem Bombeneinschlag. Wer gerne solche Gebäude fotografiert, wird dort bestimmt fündig. Was für die Leipziger bestimmt nicht so schön ist, hat meiner Meinung nach jedoch gut zur Stimmung vor allem der KarLi gepasst.

Wir haben dann noch eine Kaffee-und-Kuchen-Pause im Volkshaus gemacht und mussten dort, weil gerade Bundesliga lief, bis abends bleiben 😉

Unser Hostel möchte ich übrigens nicht weiterempfehlen, weil es echt ein bisschen zwielichtig war. Am Abend vor unserer Anreise wurde ich von der Besitzerin angerufen. Sie wäre zu unserer Anreise nicht da und würde uns die Schlüssel im Briefkasten hinterlegen. Meine Sorgen, wie man denn bitte Schlüssel aus einem abgeschlossenen Briefkasten angeln sollte, verflogen, als ich den Briefkasten sah… der war quasi gerade noch mit Kaugummi zusammengeklebt 😉 Das Zimmer war jedoch perfekt – ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit Couch und riesigem Doppelbett, Küche, Bad und Balkon, groß, geräumig und sauber wie in einem Hotel. Für den Preis von 12 Euro pro Nacht hatten wir eigentlich mit Stockbetten gerechnet… Die zwei Nächte, die wir dort waren, haben wir niemanden gesehen und auch niemanden getroffen oder irgendwie erreicht, dem wir das Zimmer hätten bezahlen können. Haben dort also umsonst übernachtet 😉 Wer möchte, kann das Gleiche probieren, aber keine Garantie.

Nach einigen Stunden im Hostel sind wir dann gegen eins noch losgezogen. Ungefähr eine Dreiviertelstunde standen wir vor der Moritzbastei an, bis wir reinkamen. Das hat sich aber definitiv gelohnt. Gleich auf den ersten Blick war klar, dass das eine ganz besondere Location ist. Vom Stil her hat mich das Kellergewölbe sehr an die Rose in Jena erinnert, war aber viel (!) größer. Allein die Tanzfläche war riesengroß, und dann ging es hinten noch endlos weiter und sogar in ein  Untergeschoss mit zwei weiteren Tanzflächen (einmal Metal und einmal Reggae) und einem Restaurant. Die Musik, ein wildes Durcheinander aus Charts, 80er und 90ern, war jetzt nicht so meins, aber dafür war wirklich eine tolle Stimmung. Absoluter Tipp!

Um ehrlich zu sein, war der Samstag der einzige Tag, den wir so mit Programm vollgestopft hatten. Sonntag wurde erst einmal bis nachmittags ausgeschlafen und so mussten wir unsere Pläne ganz schön umstellen. Anstatt in den Zoo ging es deswegen in das Stasi-Museum in der „Runden Ecke“. Davon habe ich keine Fotos, aber ich möchte es trotzdem weiterempfehlen. Ich denke, dass es vor allem für uns, die wir nach der Wende (und im Westen) geboren sind, wichtig ist, sich ein bisschen mit DDR-Geschichte zu befassen. Das Museum befindet sich im ehemaligen Gebäude der Leipziger Stasi-Bezirksverwaltung und gibt einen guten Überblick über die Terror- und Überwachungsmethoden des Regimes sowie über die Bürgerbewegungen Ende der 80er Jahre, die zum Mauerfall führten. Dass sich das Ganze in Originalräumen befindet, schafft irgendwie eine bedrückende Stimmung. Besonders heftig fand ich, zu sehen, was für ein extremer Aufwand betrieben wurde, um Menschen auszuhorchen. Da gab es schon einige kuriose Objekte – Brieföffnerautomaten, Perücken und falsche Nasen, Mini-Kameras in Handtaschen und Koffern versteckt, und so weiter.

Abends sind wir dann noch auf den MDR-Tower hoch. Diesmal zum Glück bis fast ganz oben per Aufzug 😉 Der Eintritt kostete 3 Euro und es war wirklich eine gute Entscheidung, bei Dunkelheit zu kommen, schließlich hatten wir den Blick tagsüber ja schon vom Völkerschlachtdenkmal gehabt. Fotografieren ging ganz gut, weil man die Kamera auf der Brüstung abstützen konnte. Wer perfekte Bilder haben möchte, sollte trotzdem ein Stativ mitbringen.

Später haben wir dann noch in einer kleinen Bar den Tatort gesehen und erfolglos nach einer offenen und gut besuchten Karaokebar gesucht. Sonntagnacht war in Leipzig eher weniger los 😉

Montag gabs wieder ein bisschen Sonne, und das mussten wir natürlich sofort ausnutzen. Nach einem ausgedehnten Frühstück und einem kurzen Spaziergang durch die Uni-Gebäude, bei denen wir ganz neidisch wurden (so modern!), hockten wir uns einfach auf eine Bank und genossen die Wärme.

Danach sind wir einfach noch ein bisschen durch die Stadt spaziert, vorbei am Rathaus und am Bundesverwaltungsgericht. Da sind wir dann sogar rein und konnten uns kostenlos ein kleines Museum und ein paar Säle angucken. Das einzig Spannende daran war eigentlich, dass dort 1933 der Prozess zum Reichstagsbrand geführt wurde.

Gegen 17 Uhr ging es dann wieder in Richtung Heimat – obwohl zumindest ich gerne noch ein paar Tage geblieben wäre. Aber Leipzig ist ja zum Glück nur knapp 70 Kilometer Luftlinie und anderthalb bis zwei Stunden per Zug von Jena entfernt, so dass sich bestimmt öfter die Gelegenheit ergeben wird, dort hinzufahren.

Am 6. April findet in Leipzig übrigens ein kleines Bloggertreffen statt – falls jemand Lust hat, gibt es hier mehr Informationen.

17 Gedanken zu “Ein Wochenende in Leipzig”

  1. Wenn Du mutig bist, dann fährst Du mal über Pfingsten hin. Da findet nämlich jedes Jahr das WGT (Wave-Gothic-treffen) statt, das weltgrößte (?) Treffen der Gothic-Szene. Gerade das Völkerschlachtdenkmal, das Agra-Gelände, MoBa und Clara-Zetkin-Park sind dann besonders interessant.
    Also ich kann das nur empfehlen. Ich gehöre ja selbst zur Szene und will da jedes Jahr hin, aber das ist halt schon recht teuer, wenn du voll dabei sein willst.
    Du kannst dich ja informieren, einfach WGT googlen 😉

    Liebe Grüße,
    Dani
    mademoisellelavande.blogspot.com

  2. mensch da warst du ja gleich in meiner nähe! ich wohne nur ein paar hundert meter vom völki entfernt 😀
    ist irgendwie schön, einen breicht über seine stadt zu sehen ;D
    die flohmärkte sind wirklich klasse (:
    lg, celine

  3. Hört sich nach einem tollen Wochenendtrip an, wow! Ich glaube mit Jena wohnt man auch ziemlich zentral was den Rest Deutschlands angeht, ich wohne ja im absoluten Süden und muss ne ganze Weile fahren, um überallhin zu kommen. Trotzdem finde ich wie du, dass man Deutschland ein bisschen gesehen haben sollte, deshalb war ich schon in München, Nürnberg, Frankfurt, Mainz, Bonn/Köln, Hamburg, Berlin… Und Stuttgart natürlich <3 Dresden steht auch noch auf meiner Liste und nach Berlin möchte ich auf jeden Fall nochmal…

    Danke der Nachfrage, ich habe mich inzwischen gut eingelebt hier. Bin auch nicht mehr so alleine und habe zwei drei Leute, mit denen ich was unternehmen kann. Die Wohnung hat sich leider nicht wirlich verbessert, es wird zwar etwas sauberer, aber das Warmwasser-Problem bleibt (Duschen damit auch eine Überwindung). Wenigstens wurde das Schloss ausgewechselt, denn hier kam zwei Mal jemand rein, der mein Essen samt Topf geklaut hat – ziemlich absurd und ärgerlich. Der hatte wohl die Schlüssel, aber jetzt nicht mehr. Zum Glück, das war schon ein bisschen scary… Meine Mitbewohnerin hatte ihn mal gesehen, aber er sprach kein Englisch (oder wollte es nicht sprechen).
    Und sonst lerne ich nach wie vor die Stadt kennen, es gibt immer was zu sehen 😉

    Lieben Gruß, Isabelle

  4. Hach, bei deinem Beitrag bekomme ich kein Fernweh, sondern Heimweh. 🙁 Ich hab' 6 Jahre in Leipzig gewohnt, eine ganze Weile übrigens ganz in der Nähe von deinem Hostel und da war dieser LIDL um die Ecke, bei dem ich immer eingekauft habe. Als ich dann vollgepackt auf die Bahn gewartet habe, habe ich mich wirklich JEDES Mal gefragt, ob es dieses Hostel überhaupt noch gibt, oder ob die Schilder da nur noch hängen. 😀

    Übrigens kein Neid wegen der Uni… du hast KEINEN Schimmer, wie es vor der Renovierung aussah. Da war Studieren dort auch ken Spaß. 😀 Auf den MDR Tower zu gehen war immer meine Lieblingstour, wenn Besuch da war. Ich liebe den Ausblick einfach von dort oben! ♥

  5. Ganz toller Post! Ich bin schon einige Male in Leipzig gewesen, aber immer nur zur Buchmesse. Da blieb nie viel Zeit, die eigentlich so tolle Stadt zu erkunden. Der Flohmarkt auf deinen Fotos sieht echt supertoll aus.

    Irgendwann schaff ich es bestimmt mal, Leipzig intensiver zu erkunden. 🙂

    Liebe Grüße,
    Jenni

  6. Jetzt will ich ganz sofort nach Leipzig. 😀 Ich habe mir auch vorgenommen nach meinem Jahr im Ausland auch mal mehr in Deutschland zu erkunden. Ich finde es immer sehr schade, wenn an sein eigenes Land nicht kennt und ich kenne es definitiv nicht. 😉 Und nach deinem wunderbaren Bericht steht jetzt auch Leipzig auf meiner Liste. Hört sich nach einer gelungenen Zeit dort an und ist ja super, dass du nicht so weit weg von dort wohnst. 🙂

    Liebe Grüße, Mona
    Traumtänzer

  7. Toller Bericht, macht total Lust auf diese Stadt, von der ich bisher im Grunde nur den Namen kannte. Und zu deinen Bildern muss ich dir jetzt mal echt ein Kompliment machen – voll schöne Aufnahmen dabei!
    LG
    Christiane

  8. danke!
    super bilder. sag mal, wie hast du dieses 'weiterlesen' eingefügt? ich würde das auch für meinen blog haben wollen.
    gibts dazu ein gutes tutorial?

    lg
    dahi

  9. Natuehrlich gibt es Indianer!Aber eher im Sueden deswegen haben die Perunaer keine ahung davon 😀 Es sind sogar die Indiander in ganz Suedamerika die sich am laengsten gegen die Spanier durchgehalten haben.

  10. Hejhej
    Wow, du machst mir richtig Lust auf Leipzig. Ich muss ja zu meiner Schande gestehen, ich war noch nie so richtig im Osten von Deutschland. Außer Berlin, aber Berlin ist…naja Berlin. 😀
    Ich freu mich auch, dass Frankfurt auf deiner Liste steht. Irgendwie will nie jemand zu uns kommen, versteh gar nicht warum.
    Liebe Grüße Nina

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